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In eigener Sache

Corona ist nicht vorbei. Aber es ist alles gesagt.

Die Debatte um die Politik gegen die Verbreitung des Coronavirus ist an einem toten Punkt angelangt. Die politische Zuständigkeit ist seit dem 28. November klar geregelt, Kritik an den Massnahmen verpufft weitgehend. Zeit für eine Neuorientierung.

Die Ostschweiz am 30. Dezember 2021

In den vergangenen Monaten haben wir in einem hohen Rhythmus die offizielle Coronapolitik des Bundesrats kritisch begleitet. Mit eigenen Beiträgen, Texten von Gastautoren, mit Statistiken, Zahlen, Fakten. Gleichzeitig ist der überwiegende Teil der Medienhäuser in der Schweiz dem Bund und dessen Vorgehen vorbehaltlos gefolgt. Die Spaltung der Gesellschaft in Massnahmenkritiker und -befürworter, in Geimpfte und Ungeimpfte, in Zertifizierte und Nichtzertifizierte, ist inzwischen eine Tatsache. Sie wird uns wohl länger beschäftigen als das Virus selbst.

Der Bundesrat hat von einer klaren Mehrheit des Stimmvolks den Auftrag erhalten, seine Politik fortzusetzen. Kritik an deren Folgen ist aus Sicht vieler Leute angebracht, doch sie kann keine Veränderung herbeiführen. Die Lager sprechen aneinander vorbei. Bereits tauchen Ideen einer Art «Parallelgesellschaft» abseits des Staates auf.

Der Verwaltungsrat der Ostschweizer Medien AG, der Trägerin von «Die Ostschweiz» ist in einer Situationsanalyse zum Schluss gekommen, dass es richtig und wichtig war, die Coronapolitik kritisch zu hinterfragen und immer wieder auch Zusammenhänge und Konsequenzen aufzuzeigen, die anderswo totgeschwiegen wurden. Unsere seit Monaten stark steigenden Leserzahlen zeigen, dass sich viele Menschen in der Schweiz von der Politik und von den Medien alleingelassen fühlen. Ihren Zweifeln Raum zu geben, war in dieser Zeit eine Notwendigkeit, der Kurs aus unserer Sicht damit der richtige.

Das Ziel aber, auf diese Weise eine konstruktive Debatte zwischen den Lagern zu ermöglichen, lässt sich inzwischen kaum mehr erreichen. Die Diskussion dreht sich im Kreis, die Kritikpunkte sind stets dieselben, ebenso die Antworten darauf. Mit Meinungsäusserungsfreiheit hat dies nichts mehr zu tun. Entweder ist man für oder gegen den Bundesrat. Wie bei einem Fussballmatch.

Als regionales Medium können wir vor diesem Hintergrund keinen Beitrag mehr leisten, der Wirkung zeigt, zu verhärtet sind die Fronten. Alle nötigen Informationen sind vorhanden, die Positionen längst bezogen. Angesichts der klaren politischen Ausgangslage sind kritische Beiträge zur Coronapolitik nur noch die Wiederholung des bereits Bekannten.

Deshalb haben wir uns entschieden, bis auf Weiteres auf redaktionelle Inhalte zum Thema Corona zu verzichten. Wir sind uns bewusst, dass unsere Ausrichtung bis zu diesem Zeitpunkt für viele Leserinnen und Leser eine Art publizistische Heimat war und sie sich und ihre offenen Fragen bei uns wiederfanden. Bei ihnen mag der Schritt auf Unverständnis stossen. Für uns gilt es aber, uns die Sinnfrage zu stellen und darüber nachzudenken, wo wir unsere (bescheidenen) Ressourcen richtig einsetzen.

Schon vor mehreren Wochen haben wir eine inhaltliche und formale Ausweitung des redaktionellen Angebots in Angriff genommen und werden diese ab Januar 2022 ausspielen. Der Fokus liegt dabei wieder verstärkt bei unseren Ursprüngen – in der Region Ostschweiz. Darüber hinaus möchten wir aber auch weiter Raum für nationale Themen schaffen. Es gibt viele Entwicklungen abseits von Corona, die es verdienen, beobachtet und kritisch begleitet zu werden. Im Februar 2022 steht die geplante staatliche Medienförderung auf dem Programm, die in vielen Details an die Coronadebatte erinnert. Die grassierende Verbotskultur, eine zunehmende staatliche Einflussnahme auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger: Das und mehr wollen wir weiterhin kritisch begleiten. Dort lässt sich die Energie so einsetzen, dass sie noch etwas bewirken kann.

Es gibt eine Zeit des Handelns und eine Zeit des Schweigens. Möglicherweise liegt inzwischen mehr Kraft in Letzterem. Wir danken unseren Leserinnen und Lesern für das Interesse an «Die Ostschweiz» und hoffen, dass sie uns auch auf dem nun eingeschlagenen Weg treu bleiben.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.

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