Angelegtes Geld wirft keinen Ertrag ab. Auch die Banken jammern mit. Und verdienen sich gleichzeitig eine goldene Nasn. Nicht zuletzt auch die Kantonalbanken. Wie funktioniert das?
Mit Geld lässt sich zurzeit nur schwer Geld machen. Die alte Regel: Wer Geld verleiht, bekommt für das damit verbundene Risiko einen anständigen Ausgleich, auch Zins genannt, ist ausser Kraft gesetzt.
Stattdessen Nullzinsen, ja sogar Negativzinsen. Kaum vorstellbar, aber wahr: Immer häufiger muss dafür bezahlt werden, dass man sein Geld verleihen darf. Das müssen auch schreckliche Zeiten für Banken sein, könnte man meinen. Denn wenn die nicht mit Investment-Banking die grossen Räder drehen und gelegentlich damit ins Gestrüpp fahren, machen die ihren Gewinn doch mit der Zinsdifferenz zwischen eingenommenem und ausgeliehenem Geld.
Das Geschäft sei so gut wie tot, wird da allenthalben gejammert. Wie soll man davon leben können, wenn es zwar auf dem Sparkonto fast keinen Zins gibt, aber andererseits auch eine Hypothek kaum Ertrag abwirft. Und dann müssen ja Banken sogar dafür draufzahlen, wenn sie Geld bei der Schweizerischen Nationalbank deponieren. Muss also für notleidende Banker gesammelt werden?
Aber nein, es ist mal wieder ein typischer Fall von: lerne zu jammern, ohne zu leiden. Für Banker. Für Normalbürger hingegen nicht, denn denen frisst die Nullzinspolitik den Ertrag beim Sparen und den Kapitalstock für die Altersversorgung weg. Für Banker sieht die Sache ganz anders aus.
Wie der Finanzblog «Inside Paradeplatz» darlegt, jammert der Finanzplatz zwar in hohen Tönen, aber dann wird die Tresortüre geschlossen, und man reibt sich die Hände. Vor allem bei den Kantonalbanken, vor allem bei denen, die kein risikohaftes Investment-Banking betreiben und auch keine Bussen im Ausland zahlen müssen.
Nehmen wir den Platzhirsch, die St. Galler Kantonalbank. Ein normales Konto wirft haargenau 0 Zinsen ab. Ein «Sparkonto» üppige 0,025 Prozent. Theoretisch. Denn obwohl dieser Ertrag nur mit der Lupe zu sehen wäre, wird mit Gebühren dafür gesorgt, dass der Sparer nicht nur nix kriegt, sondern auch hier drauflegt. Und den Rest erledigt die Inflation.
Sicher, für eine Festhypothek über 10 Jahre verlangt die Kantonalbank auch nur 1,25 Prozent. Natürlich nur bei erstklassigen Schuldnern mit genügend Eigenkapital. Wie auch immer, wenn man den sogenannten Zinserfolg nimmt, also den Nettoertrag aus dem Zinsgeschäft, und auf die Anzahl Angestellte umlegt, um Kantonalbanken vergleichen zu können, sieht man sofort, dass es keinen Grund für Gejammer gibt.
Denn die St. Galler KB nimmt pro Angestellten rund 300'000 Franken Zinsgewinn ein, alles auf 2018 bezogen. Und damit liegt sie nicht etwa weit vorne, sondern weit hinten. Bei der Thurgauer KB sind es schon rund 400'000 Franken, und der Spitzenreiter, die Aargauer KB, kommt sogar auf 414'000. Alle diese Zahlen liegen weit über dem Durchschnittssalär der Banker. In absoluten Zahlen strich die ZKB, die viertgrösste Bank der Schweiz, sagenhafte 1,2 Milliarden aus dem Zinsgeschäft ein. Auch wenn sie pro Kopf umgerechnet das Schlusslicht unter den Kantonalbanken bildet.
Natürlich wurde der Zinsertrag bei den meisten Kantonalbanken im Vergleich von 2017 zu 2018 deutlich gesteigert. Solche, bei denen er abnahm, also beispielsweise die Basellandschaftliche oder die Schaffhauser KB, müssen sich fragen, was sie denn falsch gemacht haben.
Aber 2019 ist eine neue Chance, den Ertrag noch weiter zu steigern. Denn die Schweizerische Nationalbank denkt offenbar ernsthaft darüber nach, den Leitzins, der das allgemeine Zinsniveau beherrscht, noch weiter abzusenken. Von zurzeit 0,75 auf vielleicht 1,5 Prozent. Minus, wohlgemerkt. Sollte das der Fall sein, wird das Gejammer der Banken noch lauter. Und das Händereiben noch stärker. Denn wann gab es das schon mal, dass man sowohl für das Entgegennehmen von Geld wie für das Ausleihen kassieren kann.
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