Fachleute nennen es «Mikro-Aggression». Alle anderen Nationen erleben sie gerade besonders stark, nicht so bei uns in der Schweiz.
Das weisse Kreuz in unserer Fahne dokumentiert, dass alle gleichbehandelt werden. Ich habe es getestet, bin in einen M-Supermarkt gegangen und habe beobachtet.
Schon nach wenigen Minuten war klar: Ja, es gibt sie, die «Migros-Aggression»!
Drei Teenies, die den Eingang versperren: «Hey Opa, es ist immer noch Corona, bleib zuhause!»
Der Senior droht mit seinem Stock: «Haut ab, ihr seid alle Ungeziefer!»
Die Mutter reisst ihr Kind aus dem Kinderwagen: «Lueg, s` Negerli!»
Der distinguierte Herr mit Fliege: «Liebe Frau, das ist viel schlimmer als ‚Mohrenkopf‘!»
Der Bauarbeiter in seinem orangenen Outfit: «Salami viermal mehr teuer als in miini Heimat – alle Kapitalisti hier!»
Die Hausfrau mit dem riesigen Einkaufszettel: «Melonen kaufe ich heute nicht, ein Asylant hat alle angefasst.»
Der Junggeselle im zerknitterten T-Shirt: «Zu den Eiern gehe ich später, dort steht gerade ein türkisches Ehepaar in seinen langen Mänteln davor.»
Der Filialleiter zu einer für 35 Grad angezogenen Rothaarigen: «Vorsicht! Sie gehen jetzt in den gekühlten Rayon. Holen Sie sich bitte keine Lungenentzündung!»
Ich, als ich sehe, dass der Name der Kassiererin auf ‚i?‘ endet: «Ich muss unbedingt das Rückgeld nachzählen!»
Eben: Aus der Region für die Region. Ende der Globalisierung.
Wolf Buchinger (*1943) studierte an der Universität Saarbrücken Germanistik und Geografie. Er arbeitete 25 Jahre als Sekundarlehrer in St. Gallen und im Pestalozzidorf Trogen. Seit 1994 ist er als Coach und Kommunikationstrainer im Management tätig. Sein literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, Gedichte, Romane, Fachbücher und Theaterstücke. Er wohnt in Erlen (TG).
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