Der Kanton Appenzell Innerrhoden meint es ernst mit seinen Gestaltungsvorschriften. Ein Lärm- und Sichtschutz an einer Strasse aus Photovoltaikmodulen wurde nicht bewilligt.
Das neue Baugesetz im Kanton Appenzell Innerrhoden fordert erste Opfer. Vor allem das damit neu eingeführte sogenannte Gestaltungsgebot. Es hat das «Verunstaltungsverbot» ersetzt.
Ein Gebot statt ein Verbot: Klingt eigentlich gut. Faktisch heisst es aber: Früher reichte es, wenn ein Bauprojekt keine Verunstaltung der Umgebung mit sich bringt. Das Gestaltungsgebot hingegen bedeutet: Ein Bauvorhaben muss mehr sein als «nicht verunstaltend», es muss sich gut in das bestehende Ortsbild einfügen und zur Gesamtwirkung beitragen.
Mit anderen Worten: Die Anforderungen an Bauprojekte in Appenzell Innerrhoden sind damit gestiegen, was die Optik angeht.
Was das heisst, hat nun der Eigentümer eines Hauses an einer stark frequentierten Strasse erlebt. Er wollte entlang dieser Strasse auf einer Bollensteinböschung eine Sichtschutzwand mit schwarzen Photovoltaikmodulen anbringen. Dies statt einer bereits bewilligten Sicht- und Lärmschutzwand aus Holz.
Die Baukommission lehnte das Vorhaben ab und verwies auf die anderen Lärmschutzwände an der Strasse, die alle aus Holz bestehen. Die Innerrhoder Standeskommission hat diesen Entscheid nun bestätigt, nachdem der Bauherr Rekurs eingelegt hatte. Damit kann die Photovoltaikwand nicht realisiert werden.
Der Knackpunkt war, dass die Materialisierung laut dem revidierten Baugesetz ein ausdrücklicher Bestandteil bei der Beurteilung der Wirkung einer Baute ist. Schwarze Platten statt Holz: Das war für die Standeskommission zu viel des Guten. Es entstehe ein «unerwünschter Kontrast», heisst es in der Begründung der Entscheidung. Sie seien «atypische Elemente im bestehenden Strassenbild».
Es ist allerdings fraglich, ob die Bewilligung unter dem früheren Gesetz erteilt worden wäre. Denn natürlich hätten Bau- und Standeskommission die schwarzen Photovoltaikplatten auch einfach als «verunstaltend» taxieren können.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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