Anlässlich des Bevölkerungsgesprächs in Wattwil stiessen die Pläne des Lenkungsausschusses auf heftigen Widerstand. Unmissverständlich äusserten die anwesenden Toggenburgerinnen und Toggenburger, dass eine Spitalschliessung ohne Alternative in Wattwil für sie nicht akzeptierbar ist.
Die so genannte «Denkpause» bzw. der Baustopp der Regierung und des Verwaltungsrates des Spitalverbunds und die Ideen, die in dieser «Denkpause» für die Zukunft der Spitallandschaft im Kanton St.Gallen angedacht und erarbeitet werden sollen, fand im vollen Thurpark in Wattwil keine Anhänger.
Der Lenkungsausschuss, bestehend aus Regierungsrätin Heidi Hanselmann, den Regierungsräten Benedikt Würth und Marc Mächler sowie den beiden Vertretern des Verwaltungsrates des Spitalverbunds Prof. Dr. Felix Sennhauser (Präsident) und Yvonne Biri Massler, legten wortreich dar, welchen finanzpolitischen, regulatorischen, technologischen, gesellschaftlichen und infrastrukturellen Herausforderungen sie gegenüberstehen.
Das Toggenburg übergangen
«Der wesentlichste Faktor wurde jedoch in allen Überlegungen nicht berücksichtigt», konstatierte der Wattwiler Gemeindepräsident und Präsident des Fördervereins Regionalspital Toggenburg Wattwil, Alois Gunzenreiner, «die Sorgen und Nöte der Bevölkerung unserer strukturschwachen Region wurden einfach nicht gespürt und gehört. Wir wollen und brauchen eine funktionierende Grund- und Notfallversorgung.»
Die demografischen und geografischen Begebenheiten würden den Erhalt des Standortes Wattwil rechtfertigen. Und dass die Toggenburgerinnen und Toggenburger hinter ihrem Spital stehen, manifestierten die rund 800 Anwesenden mit vielen kritischen Fragen und angeregten Diskussionen.
Mit dem Baustopp schaffe der Verwaltungsrat der Spitalverbunde in Wattwil vollendete Tatsachen, während anderenorts, in Wil und in St.Gallen, ohne Denkpause munter weiter geplant und investiert wird, hörte man in den Reihen immer wieder sagen. Vertrauensbildend sei das nicht.
Ergebnisoffenheit angezweifelt
Der Lenkungsausschuss wurde nicht müde zu betonen, dass nichts entschieden sei und dass er bei der nun anstehenden Detailarbeit ergebnisoffen ans Werk gehe.
Diese Beteuerungen wurden jedoch von Ärzten, Kantonsräten und Bürgerinnen und Bürgern in diversen Statements immer wieder hinterfragt und offen angezweifelt.
«Der Förderverein wird den verantwortlichen Lenkungsausschuss auf diese versprochene Ergebnisoffenheit genau auf die Finger schauen, immer wieder auf die Ergebnisoffenheit hinweisen und ihn beim Wort nehmen.» verspricht Präsident Gunzenreiner.
Medizinische Versorgung gefährdet
Erste Zweifel keimen schon bei der geplanten und nun sistierten Integrierten Notfallpraxis (INP) am Spital Wattwil. Obwohl diese Notfallpraxis in allen Alternativkonzepten des Lenkungsausschusses aufgeführt ist und vom Verwaltungsratspräsidenten in Wattwil in Aussicht gestellt wurde, konnte sich der Lenkungsausschuss auch auf Nachfrage hin nicht dazu durchringen, den Baustopp aufzuheben, um ebendiese Notfallpraxis in der nächsten Bauetappe im Spital Wattwil zu realisieren.
Entsprechend alarmiert zeigt sich die Toggenburger Ärzteschaft. Die Hausärzte in der Region werden immer älter. In sechs Jahren sind von 31 nur noch zehn unter sechzig Jahren und damit verpflichtet Notfalldienst zu leisten. Genau darum brauche es die geplante und nun im Baustopp befindliche Integrierte Notfallpraxis.
Weitreichende Konsequenzen für die Aus- und Weiterbildung
Auch die Arbeitgebervereinigung Region Toggenburg fürchtet um die 250 direkten Arbeits- und Ausbildungsplätze und rund 1500 indirekten Arbeitsplätze im Gesundheits- und Sozialwesen in der Region.
In ihrer Stellungnahme fordern die Arbeitgeber vom Verwaltungsrat der Spitalverbunde und dem Lenkungsausschuss, dass sie ihre Verantwortung auch für die Region Toggenburg wahrnehmen und kreative und unternehmerische Lösungen entwickeln, mit der der Standort Wattwil erhalten bleiben kann.
Innovative Lösungen zur Sicherung des Spitals gefordert
Innovatives, verantwortungsbewusstes unternehmerisches Denken und Handeln sei nun gefragt, um die Arbeits- und Ausbildungsplätze weiterhin im Toggenburg erhalten zu können und die medizinische Grund- und Notfallversorgung in dieser strukturschwachen Region sicherzustellen.
Das Spital Wattwil sei ein wichtiger Bestandteil des Toggenburgs, leiste einen wesentlichen Betrag in der Region und dürfe nicht einfach wegrationalisiert werden.
Volkswille zum Ausdruck gebracht
2014 hat die St.Galler Bevölkerung mit grosser Mehrheit JA zur Spitallandschaft und zum Spital Wattwil gesagt. Die Petition «Pro Spital Wattwil» unterstreicht diesen Volksentscheid: bereits rund 5‘500 Personen haben die Petition unterschrieben und es werden täglich mehr.
Die Unterschriftensammlung für die Petition läuft noch weiter und es finden sich alle relevanten Informationen auf www.pro-spital.ch.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.