Lange habe ich trotz dringlicher Notwendigkeit meinen Coiffeurtermin rausgeschoben. Den grauen Ansatz habe ich mir im Lockdown und seither mit wenig Geschick selber gefärbt. Aber nun ging es nicht mehr anders. Der Besuch bei meiner Coiffeuse war diese Woche unumgänglich.
Natürlich war ich darauf vorbereitet, dass vieles zurzeit nicht ist, wie ich es mir sonst gewohnt bin – und trotzdem habe ich an vieles nicht gedacht und vermisst.
Zur Begrüssung gab es kein freundliches Händeschütteln oder die normale kollegiale Umarmung meiner Coiffeuse wie sonst. Mir wurde direkt beim Eingang eine Gesichtsmaske überreicht.
Ab der ersten Sekunde merkte ich, dass ich unter dieser schwitzen werde und sich ein Gefühl von Beauty und Wellness kaum einstellen wird.
Auch der sonst angebotene Kaffee oder ein Mineralwasser blieben aus.
Und noch viel schlimmer. Es gibt zurzeit keine Magazine ausgehändigt. Und dabei nutze ich die Zeit beim Coiffeur immer, um meine Bildungslücken in Bezug auf Prince Harry, den Wendler und die Grimaldis auf Vordermann zu bringen.
Kurz überlegte ich mir, ob Harrys Meghan und Wendlers Laura beim Coiffeur wohl auch eine Maske tragen müssen. Und wie bescheuert Fürst Albert damit wohl aussieht…
Neben den Magazinen blieb leider auch der persönliche Klatsch und Tratsch mit meiner Coiffeuse aus. Mit der Maske vor dem Mund versteht man nämlich nur die Hälfte von dem was der andere sagt.
So bin ich nach dem Auftragen des Färbemittels einfach nur gelangweilt herumgesessen und habe meine Freudinnen mit unvorteilhaften Maskenfotos von mir belästigt.
Und ganz ehrlich: mit farbgetränkten und am Kopf angeklatschten Haaren fühle ich mich beim Coiffeur auch sonst immer bisschen wie ein versoffener Biber. In Kombination mit der Gesichtsmaske sah ich noch bescheuerter aus.
Aber viel schlimmer als mein vorübergehendes Äusseres war mein Gefühl unter dieser Maske. Es stellte sich zeitweise eine Mischung zwischen Schnappatmung und eine Art von Platzangst ein.
Endloslange 2,5 Stunden später sind die Haare frisch gefärbt, 20 Zentimeter kürzer und ich darf die Maske endlich ablegen und durchatmen.
An dieser Stellte möchte ich betonen, wie sehr ich all jene bewundere, die täglich acht und mehr Stunden mit so einem Ding auf Nase und Mund arbeiten müssen.
Meine Coiffeuse hat sich laut eigener Aussage bereits daran gewöhnt.
Alleine dafür gebührt ihr meine Hochachtung und ein fettes Trinkgeld.
Nadine Linder war Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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