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Kritik an Lockdown-Kleber eines Fahrlehrers

«Bewertungen sollten mit der Arbeitsleistung zu tun haben»

Der St.Galler Fahrlehrer Roger Etter ist ein Gegner der Lockdownmassnahmen. Das macht er kund mit einem selbst produzierten Kleber auf seinem privaten Auto. Das hat ihm auf Google eine negative Bewertung eingebracht – mit Auswirkungen.

Stefan Millius am 26. Juli 2021

Roger Etter ist vermutlich der bekannteste Fahrlehrer der Ostschweiz. Denn fünf Mal in Folge wurde er zum besten Fahrlehrer der Region gekürt. Bei diesem Wettbewerb können Fahrschüler eine Bewertung abgeben, und Etter und sein Team räumen regelmässig ab.

Auch auf Google können die Leistungen seines Unternehmens bewertet werden. Dort ist er nun von der Höchstnote von fünf Sternen auf vier abgesackt – aufgrund einer einzelnen Stimme. In dieser geht es aber nicht um die Leistung als Fahrlehrer. Der Bewerter kritisiert, dass Roger Etter auf seinem privaten Auto mit einem Kleber mitteilt, dass er sich gegen die Lockdownmassnahmen während der Coronasituation stellt. Der Bewerter schreibt: «Wer als Fahrlehrer Werbung für ‘Stoppt den Lockdown’ macht, überschreitet meines Erachtens seine Funktion als Fahrlehrer und unterschätzt seine Rolle als Vorbild für die Jugend.»

Im Interview sagt der Fahrlehrer, was er von der Kritik hält und wie er mit dieser umgeht.

Roger Etter, was hat es mit dem bewussten Kleber auf sich, der von einem Google-Bewerter kritisiert wird?

Als es in der Schweiz losging mit den Ladenschliessungen, habe ich diesen Kleber selbst kreiert und ihn auf Facebook gezeigt. Daraufhin habe ich viele Reaktionen und Bestellungen erhalten. Ich habe einige hundert Stück produzieren lassen und sie gratis verschickt, sie kleben heute an vielen Autos, auf Motorrädern und Helmen. Ich selbst habe ihn auf meinem privaten Auto angebracht, das aber ebenfalls mit meiner Fahrschule beschriftet ist.

Was war Ihre Motivation, das zu tun?

Der Staat hat damals kurzerhand die Schliessung von Läden und Restaurants verordnet. Mir sind viele Fälle bekannt, in denen dafür bis heute kein Geld geflossen ist. Das Ganze hatte grosse Auswirkungen, allein in der Stadt St.Gallen sind viele Lokale untergegangen. Gleichzeitig habe ich von Fahrschülern, die im Spital arbeiten, stets gehört, dass die Lage nicht so dramatisch sei wie dargestellt. Ich wollte thematisieren, dass diese Massnahme aus meiner Sicht falsch ist.

Roger Etter

Der Kleber, den Etter produzieren liess.

Gab es neben Kleberbestellungen auch negative Stimmen?

Bisher nicht. In aller Regel melden sich Leute mit ihrer Kritik ja auch anonym, direkt ins Gesicht sagt einem kaum jemand etwas. Auf die bewusste Bewertung auf Google wurde ich von einem Dritten aufmerksam gemacht. Ich habe kein Problem mit konstruktiver Kritik und akzeptiere andere Meinungen, aber dieser Kleber hat nichts mit der Firma oder meiner Arbeitsleistung zu tun. Ich kenne den Mann, der das geschrieben hat, auch nicht.

Sind die Googlebewertungen für Sie überhaupt relevant?

Ich bewirtschafte das nicht sehr aktiv, ich sage einfach meinen Fahrschülern, dass sie mich dort bewerten können. Und dabei sollen sie auch ehrlich sein. Ich bin froh um jede Reaktion, nur so kann ich mich weiter verbessern. In diesem Fall habe ich bei Google die Löschung beantragt, weil die Bewertung nichts mit meiner Arbeit als Fahrlehrer zu tun hat. Es ist ärgerlich, wenn man aufgrund einer einzelnen Stimme von fünf auf vier Sterne herabgestuft wird. Das kann dazu führen, dass sich ein Interessent bei einem flüchtigen Blick auf die Bewertung gegen unsere Firma entscheidet. Es sollte bei Google um die Sache gehen, um nichts anderes.

Wie sieht Ihre Reaktion nun aus? Kommt der Kleber weg?

Wo denken Sie hin? Ich würde ihn am liebsten statt nur ans Heck nun auch auf die Scheibe kleben.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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