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Keine Chance für «Nachrutscher»

Darum geht Susanne Vincenz-Stauffacher nicht vorzeitig aus dem Kantonsrat

Nach der Wahl zur St.Galler Nationalrätin hätte Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) ihren Kantonsratssitz zugunsten eines anderen Kandidaten räumen können. Hätte. Sie wird die Legislatur aber beenden. Das dürfte auch mit der Frage zu tun haben, wer für sie nachgerutscht wäre.

Stefan Millius am 29. November 2019

Die Praxis, mit einem vorzeitigen Rücktritt aus einem Amt den Nächsten auf der Liste «nachrutschen» zu lassen, ist so beliebt wie umstritten. Wer so vorgeht, verschafft einem anderen bessere Chancen zur Wiederwahl; der Bisherigen-Bonus ist eine Hilfe.

Die St.Galler Kantonsrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) hatte eine Steilvorlage, um das ebenfalls zu machen: Sie wurde am 20. Oktober in den Nationalrat gewählt. Ein Doppelmandat verträgt sich auf Dauer nicht, dass sie im März nicht wieder zu den Kantonsratswahlen antreten würde, war klar. Die offene Frage: Macht sie mit einem sofortigen Rücktritt den Weg frei für jemand anderen von der FDP-Liste?

Mittlerweile ist klar: Das macht sie nicht, sie wird die Legislatur beenden. Ein Thema sei es aber gewesen, sagt Vincenz-Stauffacher auf Anfrage, und zwar gleich nach der Wahl zur Nationalrätin. «Die Frage war natürlich allgegenwärtig.» Für sie seien beide Optionen möglich gewesen. Das ist nachvollziehbar: Wer in den Nationalrat gewählt wird, dürfte man vermuten, hängt nicht mehr so absolut am Kantonsratsmandat. Sie habe ihrer Regionalpartei mitgeteilt, dass sie diesbezüglich offen sei. Nach Rücksprache mit der Parteileitung habe sie sich aber dazu entschieden, «die Legislatur ordentlich zu beenden.»

Die Amtsinhaberin war offen für alles, entschied sich aber gegen einen Rücktritt: Das kann nur heissen, dass die Parteileitung befand, sie solle doch bleiben. Weshalb? Für sie persönlich habe dafür gesprochen, dass sie - selbst eine «Nachrutscherin - erst seit September 2018 im Rat sei und ihr die Arbeit grosse Freude mache. Zudem gebe es nur noch drei Sessionen, «und in diesen werden auch noch Geschäfte behandelt werden, in welchen ich fraktionsintern im Lead bin», so Vincenz-Stauffacher. Zudem gebe es mit einer kleinen Ausnahme keine zeitlichen Überschneidungen der Sessionen in St.Gallen und Bern.

Die Neo-Nationalrätin nennt einen weiteren Punkt, der vor allem aus Sicht der Parteileitung wohl wesentlich wichtiger war als alle genannten: Es sei für die Neukandidierenden attraktiver, wenn eine Vakanz besteht. Sprich: Hätte Susanne Vincenz-Stauffacher jemandem Platz gemacht, wären dessen Wiederwahlchancen grösser gewesen - und neue Kandidaten wären nicht mit sonderlich viel Motivation ins Rennen gegangen. So aber kann jeder von ihnen hoffen, den freien Sitz zu belegen.

Wohl ebenfalls eine Rolle gespielt hat die Person desjenigen, der Vincenz-Stauffacher bei einem Rücktritt im Kantonsrat ersetzt hätte: Der Unternehmer Dieter Fröhlich aus St.Gallen. Er gilt als «enfant terrible» innerhalb der FDP, weil er nicht sonderlich viel von einer Parteilinie hält, sondern seine Meinung ungeschminkt sagt. Schon die Tatsache, dass er bei der Wahl den zweiten Ersatzplatz belegte, war parteiintern nicht überall auf Begeisterung gestossen, zumal er ein politischer Quereinsteiger war. Gut möglich, dass in der Spitze der Regionalpartei - oder auch der Kantonalpartei - Stimmen laut wurden, die sich dagegen aussprachen, Fröhlich den Weg ins Parlament zu ebnen.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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