Die Idee der Solidarität ist uralt. Solidarität ist eine Haltung und bezeichnet ein ethisches und politisches Verhalten zwischen den Menschen in einer Gesellschaft. Doch was bedeutet das wirklich für unser Zusammenleben? Und was ist wirklich solidarisch?
Helfen wir einer bekannten Person oder einem fremden Menschen in der Not, dann ist das eine freiwillige Unterstützung. Unsere Zahlungen an die AHV und Krankenkasse hingegen ist eine «staatliche Solidarität».
Alle Menschen sollen ein möglichst würdevolles Leben führen können.
In der Lockdownzeit sahen wir eine wunderbare Solidarität zwischen den Generationen. Es waren stille Tagen. Hilfe und Unterstützung war gefragt. Alles musste schnell gehen. Innerhalb von wenigen Tagen wurden Helfernetzwerke festgelegt. Gruppen aus freiwilligen Helferinnen und Helfern wurden schnell gebildet. Risikogruppen, Seniorinnen und Senioren durften in dieser speziellen Zeit viel Solidarität erfahren. Diese Erfahrung war schön.
Obwohl der Lockdown, ziemlich sicher, unnötig war.
Solidarität hat sehr viele Facetten. Menschen handeln aus Eigeninteresse solidarisch.
Und dieser Weg soll keine Einbahnstrasse sein, sondern, man steht für eine Person ein und umgekehrt. Das nennt man dann auch «soziales Band».
Solidarität ist zum zentralen Begriff der Corona-Krise geworden. Inzwischen scheint aber das Verständnis von Solidarität verdreht zu sein.
Menschen sollen solidarisch sein, um möglichst schnell wieder Freiheit zu erreichen. So wird es dir gesagt, dass du solidarisch bist, wenn du eine Maske trägst. Du bist solidarisch, wenn du dich strikt an die Corona-Massnahmen hältst. Abstand halten ist solidarisch. Testen ist eine gute Möglichkeit, um solidarisch zu sein. Bleibe zuhause, und du bist solidarisch.
Und zu guter Letzt wird ein Höchstmass an Solidarität für unsere Gemeinschaft erfordert. Nämlich mit der Covid19- Impfung. Jede Impfung sei ein Akt der Solidarität. Verblüffend.
Jahrelang wollten wir eine faire und solidarische Schweiz. Nun werden Menschen belohnt, weil sie «solidarisch» sind. Wer sich impfen lässt, soll mit Vorteilen belohnt werden.
Und nein, das ist keine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Wird dir gesagt. Schliesslich schützen die Impfwilligen sich und andere. Solidarität. Absurdität.
Aber oha, viele Menschen wollen keinen Gebrauch davon machen. Es scheint, als pfeifen sie gerade auf die vermeintliche Bevorzugung. Sie wollen keine Belohnung.
Solidarität braucht Eigenverantwortung. Wieder mehr Eigenverantwortung!
So viele Menschen wollen keine Bevormundung mehr. Jeder gesund denkende Mensch kann und soll für sich selber entscheiden. Auch ob er sich impfen lassen will oder nicht.
Denn es ist bis heute nicht garantiert, dass Geimpfte niemanden mehr anstecken können. Die Zahlen aus England und Israel zeigen, dass auch (oder gerade) vollständige geimpfte Menschen sich mit dem Coronavirus sich infizieren können.
Aber es wird bereits fleissig darüber diskutiert, welche Freiheiten künftig für Geimpfte und Genesene eingeräumt werden können. Der Druck auf Ungeimpfte wird zunehmen. Und das ist in Ordnung. Wird dir gesagt. Denn schliesslich befinden wir uns in einer Pandemie.
Einen Menschen aufgrund seines Impfstatus in unterschiedlichen Gruppen aufzuteilen, führt zu Diskriminierung.
Es wird Zeit, dass wir Freiheit und Grundrechte zurückbekommen. Und das ohne Leckerchen.
Madleina Manetsch (*1973), Fachfrau Gesundheit EFZ, arbeitet in der Langzeitpflege und - betreuung in einer privaten Spitex im Kanton Zürich.
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