In der Schweiz ist es der Bürger gewohnt, als Kunde und nicht als Bittsteller im Amt empfangen zu werden. Das hört allerdings bei einer gewissen Gehaltsstufe auf.
Deutschland ist das Mutter- und Vaterland des Beamten. Der hat kein Gehalt, sondern wird besoldet; netterweise schon am Anfang des Monats. Er kann auch nicht entlassen werden; in schlimmen Fällen nur gekündigt. Er wird auch nicht angestellt, sondern ernannt. Netterweise ist er von der Bezahlung der Altersversorgung und der Krankenkasse befreit. Vom Staatssekretär als Spitzenbeamter im «höheren Dienst» geht’s über 21 Stufen hinunter zum «Oberamtsgehilfen», der als nächste Stufe der Karriereleiter «Hauptamtsgehilfe» werden kann.
Die Schweiz ist auch beim Beamtentum ein Sonderfall. Während in anderen Ländern der Staatsbeamte auch ein Bollwerk gegen Absolutismus und Willkür von Potentaten sein sollte, brauchte es das in der Schweiz nicht. Dennoch geniesst der Staatsangestellte natürlich einige Privilegien.
Anfänglich wurde er ausschliesslich ernannt oder gewählt, meistens für eine vierjährige Amtszeit. Inzwischen ist das auf Bundesebene in «normale» Angestelltenverhältnisse umgewandelt worden.
Zwei wesentliche Unterschiede zur Privatwirtschaft gibt es allerdings: Es gilt kein Leistungsprinzip und keine Profitorientierung. Allerdings haben Beamte die starke Tendenz, sich zu vermehren. Denn sobald es Überschneidungen, ein Wirrwarr von Zuständigkeiten, unklare und komplizierte Entscheidungswege oder was auch immer für Probleme gibt, ist die Lösung immer: Da brauchen wir mehr Mitarbeiter.
Deshalb tummeln sich alleine in der Bundesverwaltung rund 38'000 Beamte. Das verleiht ihnen nicht zuletzt die Macht der Maschine, der Masse. Neu ernannte oder gewählte Chefs müssen sich zuerst mit den Absonderlichkeiten, Machtzentren, wahren Entscheidungsträgern in ihrem Amt vertraut machen. Sonst haben sie kein gutes Leben.
Nicht nur so, sondern natürlich auch durch das Erfinden absonderlicher Berufe vermehrt sich die Beamtenschar fröhlich. Eine kleine, unvollständige Auswahl:
– Gleichstellungs-Beauftragte
– Kommunikations-Beauftragter
– Sozio-kulturelle Animatorin
– Wirtschafts-Geograph
– Gender-Beauftragte
– Archäologe
– Assistentin von Sachbearbeitern
– Marketing-Kommunikation bei staatsnahen Leistungen
– Denkmalschützer
– Subventionsgeberin für alternative Kultur
– Interkulturelle Botschafter
– Integrationsbeauftragter
– Brückenbauer für alternative Kunst
– Politologe für die Völkerverständigung
Natürlich darf man auch die Professorenschaft an den Unis und der ETH nicht vergessen. Ebenfalls Staatsbeamte. Während früher die Regel galt: bombensichere Staatsstelle mit einigen Privilegien, dafür bescheideneres Gehalt als in der Privatwirtschaft, gilt das schon lange nicht mehr.
Bereits vor Jahren schlugen Beamtengehälter die Durchschnittsverdienste von Bankern, und die sind nicht gerade als Niedriglohngruppe bekannt. Vor allem ganz oben wird saftig verdient. So bekommt zum Beispiel der Vorsitzende der GL bei der SUVA immerhin 475'000 Franken im Jahr. Plus Zulagen. Bei Swissmedic, dem Amt für die Zulassung neuer Medikamente, zum Beispiel des Corona-Impfstoffs, bekommt der Chef etwas über 300'000 Franken. Bei der Bankenaufsicht FINMA, die noch nie durch sonderliche Leistungen auffiel, sind es für den Chef satte 550'000 Franken.
Das Fussvolk verteilt sich auf insgesamt 38 Lohnklassen. Das fängt bei eher bescheidenen 63'237 Franken (brutto, Lohntabelle für 2021) an und hört erst bei 385'648 (Lohnklasse 38) auf. Plus Ortszuschlag, plus weitere Zulagen, plus Ergänzende Leistungen.
Die Behörde, die zurzeit im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ist das BAG, das Bundesamt für Gesundheit. Während man von ihrem Vorgänger eigentlich nichts hörte, der sich während des Ausbruchs der Pandemie 2020 bereits ausführlich auf seine Pensionierung im Herbst vorbereitete, ging seine Nachfolgerin Anne Lévy stramm ans Werk. Umbau, Nicht-Wiederbesetzung von Stellen, hohe Präsenz in den Medien.
Nicht immer positive; so musste Lévy bereits Probleme bei der Beschaffung von Impfstoff einräumen, ebenso die leidige Gewohnheit des BAG, falsche Zahlen zu publizieren, setzt sich unter ihr fort. Und dass sie in Bern eine fabulöse 8,5-Zimmer-Wohnung für 5000 Franken Monatsmiete bewohnt, wollte sie höchstpersönlich gestrichen sehen.
Sehr zugeknöpft gibt sich das Amt mit immerhin 600 Staats-, vielmehr Volksdienern, wenn einer aus dem Volk mal ein paar Fragen hätte:
Was ist das Pflichtentenheft respektive die Arbeit der Beamtinnen und Beamten?
Wie viel beträgt das durchschnittliche Jahresgehalt der Beamtinnen und Beamten?
Welche Beträge erhalten die Beamtinnen und Beamten für monetäre Zusatzleistungen wie für die PK, Überstunden, Prämien, etc.?
Wieviel beträgt die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten pro Woche?
Wieviel Ferienwochen erhalten im Jahr die Beamtinnen und Beamten?
Sonstige Vergütungen für die Beamtinnen und Beamten?
Rasante, aber automatische Antwort: «Wir erhalten täglich sehr viele Anfragen zum neuen Coronavirus. Diese können nicht individuell beantworten werden.» Immerhin wird das in vier Sprachen ausgeführt.
Verständlich; was wagt es da auch ein Steuerzahler, sich mal nach der Verwendung seiner Abgaben zu erkundigen. Und sich dann noch zu beschweren, dass er nicht mal eine Antwort kriegt.
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