Vor 99 Jahren gründeten die Salettiner Patres in Mörschwil eine Missionsschule für den Nachwuchs der Ordensgemeinschaft. Daraus ist im Laufe der Zeit die Privatschule «Waid» geworden, wo derzeit 37 Schüler und Schülerinnen im christlichen Geist unterrichtet werden.
Letztes Wochenende feierte die Untere Waid in Mörschwil – bestehend aus dem Missionshaus Untere Waid und der Schule Waid – das 99-Jahr-Jubiläum mit einem Gottesdienst, einem anschliessenden Apéro und einem gemeinsamen Mittagessen. Das Motto der Feier war: «Gott und den Mitmenschen Vertrauen schenken», wie Stiftungsratspräsident Pater Piotr Zaba sagt.
Am 19. März 1924 haben die Salettiner Patres (Missionare von La Salette) die Liegenschaft mit dem alten Kurhaus Untere Waid gekauft. Damit gründeten sie eine neue Niederlassung und am 2. Oktober des gleichen Jahres die Missionsschule mit 15 Schülern für den Nachwuchs ihrer Ordensgemeinschaft. Aus dieser Schule wurde später das Gymnasium Untere Waid, das ab 2007 von einer Stiftung getragen wurde. Vor zwei Jahren wurde die Schule neu positioniert und in «Waid» umbenannt. Seither werden eine Primarstufe (4. bis 6. Klasse), eine typengemischte Oberstufe und ein Untergymnasium geführt. Derzeit werden in der Waid 37 Schüler und Schülerinnen unterrichtet.
Herr Zaba, welche zentralen Werte möchte die Waid den Schülern und Schülerinnen mit auf den Lebensweg geben?
Zusammen mit dem Gymnasium Friedberg, der Maitlisek Gossau und dem Kathi Wil entschied sich die Waid im Rahmen des Projektes «wertebilden.ch», einem Bildungsengagement des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen, gemeinsame christliche Werte wie Vertrauen schenken, achtsam sein, Spiritualität wecken, offen sein, Selbstbewusstsein fördern, Wertschätzung leben und offen sein bewusst zu leben.
Wir versuchen eine Brücke zwischen Glauben und Leben, Spiritualität und Alltag zu schlagen. Der Spirit soll uns Hilfe und Kraft im Meistern unseres Lebens bieten. Dafür Verantwortung zu übernehmen, liegt bei jeder und jedem, der unsere Schule besucht.
Gelebte Solidarität nach innen zeigt sich in der Mitverantwortung, die obere Klassen für die neu eintretenden Schülerinnen und Schüler übernehmen. Aktive Mitwirkung und kreative Identifikation mit der Schule kann im Schülerrat und in der Mitarbeit bei Projekten gelebt werden. Nach aussen wird soziales Engagement in Einzelprojekten und Projektwochen angeregt.
Neben der Vermittlung von christlichen Werten soll gleichzeitig geistige Offenheit vorgelebt werden, steht auf der Webseite. Wie schafft die Schule diesen Spagat?
«Offen sein» steht in keiner Art und Weise in einem Widerspruch zu christlichen Werten und prägt den Alltag unserer Schule. Das beginnt beispielsweise damit, dass alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder Religion, an der Waid herzlich willkommen sind und ihre Spiritualität leben. Sowohl die Eltern als auch die Schülerinnen und Schüler und die Lehrpersonen akzeptieren den christlichen Geist der Schule, der niemanden aufgezwungen wird. Im Gegenteil: Es besteht an der Waid die Möglichkeit, sich im Kontext der eigenen Überzeugung, Religion oder Konfessionslosigkeit mit christlichen und Werten im Allgemeinen auseinanderzusetzen, sich weiterzuentwickeln und seinen Weg, seine innere Stärke und damit zu einem gesunden Selbstbewusstsein zu finden. Wie eine gute Atmosphäre den Menschen wohltut, so ist es auch der Geist unserer Schule, der die jungen Menschen begleitet. Dabei geht es uns nicht nur um Vermittlung der christlichen Werte, sondern vor allem darum, dass wir sie selbst im Schulalltag und darüber hinaus vorleben. Das Entscheidende ist, was wir fürs Leben mitnehmen können, um sinnvoll und glücklich unser Leben zu gestalten.
Werden in Regelschulen nicht dieselben Werte vermittelt?
Jain. Die gleichen Werte werden auch an anderen Schulen gefördert. Bei uns ist aber der Ursprung anders. Wir richten uns dabei nach unserer christlichen Überzeugung, die ausser dem Menschlichen auch das Göttliche, das Spirituelle wahrnimmt, berücksichtigt und den anderen mitteilen will. Die Motivation, würde ich sagen, ist anders. Sie hilft uns, nicht nur von diesen Werten zu reden, sondern sie auch zu leben. Das bald 100-jährige Erbe der Unteren Waid hat diesbezüglich viele gute Früchte getragen. Das Motto dieses Schuljahres «zusammenwachsen, zusammen wachsen» zeigt uns, dass wir gemeinsam durch das gegenseitige Schenken von Vertrauen vieles erreichen können und eine grosse Zukunft vor uns haben.
Sind christlich geprägte Schulen wie die Waid noch zeitgemäss?
Immer mehr Menschen sind auf der Suche nach Sinn, nach Werten, nach Wurzeln, nach Spiritualität. Deshalb ganz klar: Ja.
Für welche Schüler und Schülerinnen eignet sich die Waid?
Die Waid ist einzig in der Art. Hier finden sowohl Primar- als auch Oberstufenschülerinnen und -schüler sowie leistungsorientierte Untergymnasiastinnen und Untergymnasiasten einen Ort, um zu lernen und sich ganzheitlich zu entwickeln. Im familiären Ambiente der Waid ist es einfacher einen Ort zu finden, wo man gerne lernt und sich herausfordern lässt, wo man Gemeinschaft und Geborgenheit erlebt. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler individuell betreut und begleitet. Die Begabungsförderung liegt uns am Herzen, so dass die Schülerinnen und Schüler ihre Talente und Fähigkeiten entdecken und entfalten können.
Wie finanziert sich die Waid? Für das Untergymnasium ist zum Beispiel ein Schuldgeld von 21’000 Franken pro Jahr fällig. Können mit diesen Beiträgen alle Kosten gedeckt werden?
Die Waid wird einerseits durch das Schulgeld und andererseits durch Beiträge aus einem guten Netzwerk finanziert. Mit der ausreichenden Anzahl der Schülerinnen und Schüler sind wir selbsttragend.
«Amici der Waid» ist ein Förderverein der Schule. Wie genau unterstützt der Verein die Schule?
Der gemeinnützige Verein unterstützt die Schule in ideellen und materiellen Belangen seit 1982. Die Subventionierung von Schulgeldbeiträgen einkommensschwächerer Familien sowie die Netzwerkbildung für Ehemalige sind den Amici besondere Anliegen. Die Amici pflegen einen engen Kontakt zur Schule. Zu den Fixpunkten des Jahres gehören neben der Hauptversammlung der Schuljahresbeginn, das Sommernachtsfest, Netzwerk-Treffen und kulturelle Anlässe.
Nächstes Jahr wird die Untere Waid 100 Jahre alt. Laufen die Vorbereitungsarbeiten für das grosse Fest bereits?
Jawohl. Das OK-Team steht. Demnächst werden wir das konkrete Programm erstellen. Das grosse Jubiläum werden wir am 19. März 2024 mit Bischof Markus Büchel mit einem Festgottesdienst feiern. Wir werden es aber ein ganzes Jahr mit verschiedenen Anlässen begehen. Darüber werden wir zu einem späteren Zeitpunkt gerne informieren.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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