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Gastbeitrag

Der nächste Herbst kommt bestimmt

Nach langen, kalten Regentagen ist es endlich wieder soweit. Die Sonne zeigt sich gerade von ihrer besten Seite. Ohne Sonnenlicht gäbe es vermutlich kein Leben auf diesem Planeten. Zumindest kein Leben, wie wir es kennen und lieben.

Madleina Manetsch am 27. Juni 2021

Wenn die Temperatur steigt, freuen sich die Menschen. Wir möchten viele Stunden an der frischen Luft verbringen – vorzugsweise beim Sport, Wandern, am See oder im kleinen Café um die Ecke. Die warmen Strahlen und die hellen Tage geniessen wir besonders.

Alles könnte so schön sein. Wäre da nicht diese anstrengende, unendliche Angst vor dem Coronavirus. Diese Angst ist omnipräsent.

Es wurde und wird immer noch den Menschen zu viel Angst gemacht. Viel zu viel.

Egal, ob wir im Laden vor der Kasse Schlange stehen, in der Bahn gemütlich sitzen, vor dem Schulareal auf unsere Kinder warten: Wir hören oder lesen ein und dasselbe. Maske tragen, Abstand einhalten, Hände desinfizieren. Die Liste wurde mehrmals angepasst und ergänzt. Und sie ist bis zum heutigen Tage nicht fertig. Mit Titeln wie «So schützen wir uns» , «Jetzt unbedingt neue Regeln einhalten», «Aktuell besonders wichtig - impfen und testen» oder «Bei Symptomen sofort testen lassen» wird das Volk schweizweit erzogen. Ein Volk, das durchaus in der Lage ist, selbst zu denken, zu handeln, zu analysieren und zu hinterfragen. Die Realität sieht dennoch anders aus. Das Schweizer Volk denkt gerade zu wenig eigenständig. Diese Entwicklung geht in die falsche Richtung und macht mir Sorgen.

Der Bundesrat verkündigt Lockerungen, die grösser ausgefallen sind als eigentlich geplant. Die Ansteckungsraten sinken, trotz gelockerter Kontaktbeschränkungen. Die gute epidemiologische Lage sei der Grund, erklärt der Bundesrat. Es könnte aber auch einen anderen Grund haben. Es ist kein Zufall, dass wir uns bei schönem Wetter anders verhalten. Wir wirken zufriedener als in den kalten, dunklen Tagen. Die meisten Viren sind wetterfühlig. So könnte die warme Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und UV-Einstrahlungen viel dazu beitragen, dass die Infektionen zurück gehen. Und werden weniger Menschen auf das Coronavirus getestet, sinken die Fallzahlen ebenfalls.

Auch wenn wir gerade die Wassermelone in der Hand haben und mit der Sonnenbrille auf der Nase die Aussicht auf den See geniessen: Der nächste Herbst kommt bestimmt.

Und im Herbst könnte sich die Lage wieder zuspitzen, wird behauptet. Und was machen wir dann? Das Coronavirus wird spätestens im Herbst wieder kommen. Mit ihm auch die Grippeviren.

Die impfwilligen Personen sollen im Herbst ein drittes Mal durchgeimpft werden. Die Auffrischung sei nötig wegen der Virusvarianten. Sagen die sogenannten Experten. Experten, die gerne ihre kritischen Kolleginnen und Kollegen mundtot machen. Oder sie zum Schweigen bringen wollen.

Dabei werden die Nebenwirkungen der Corona-Impfungen, besonders bei alten Menschen, einfach unter den Teppich gekehrt.

Jede Person, die an den Corona-Massnahmen zweifelt, diese infrage stellt, wird als Leugnerin und Leugner oder gar als Verschwörerin und Verschwörer abgestempelt. Personen, die sich nicht impfen lassen, gelten als unsolidarisch und gefährlich.

Man kann gerade eine zutiefst gespaltene Gesellschaft beobachten – weltweit.

Seit bald 27 Jahren bin ich im Gesundheitswesen tätig. Ich habe in verschiedenen medizinischen Institutionen gearbeitet. Ich kann durchaus behaupten, dass mein Beruf meine Berufung ist. Jeder Mensch ist auf seine Weise interessant. Ich treffe so viele verschiedene Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Kulturen. Und jeder Mensch hat seine eigene persönliche Lebensgeschichte.

Ich teile mit der Kundschaft das Leben, ihre Sorgen und Nöte. Ich begleite sie im fortschreitenden Alter bis in den Tod. Das mache ich von Herzen gern.

Und nun bin ich unsolidarisch, weil ich die Corona- Impfung ablehne. Die Sicherheit des Impfstoffes wurde zu wenig geprüft und nachgewiesen, darum lehne ich diese Art von Impfung bewusst ab.

Impfen sei eine moralische Pflicht. Ein nachvollziehbarer Gedankengang. Auf den ersten Blick. Vielleicht.

Mit meiner Entscheidung stehe ich nicht allein da. Mehrere Berufskolleginnen und Berufskollegen aus dem Gesundheitsdienst sind gegen das Impfen. Auch unter Ärztinnen und Ärzte herrscht teilweise eine Aversion gegen die Corona-Impfung.

Weist die Impfung langbleibende Nebenwirkungen auf oder ist sie gar zu wenig wirksam, würde das Pflegepersonal eher darunter leiden als vom Impfstoff profitieren.

Das Gesundheitssystem steht auf der Kippe. Schon vor der Corona-Pandemie. Die Arbeitsbedingungen sind schon lange prekär.

Die Unia hat im Sommer und Winter 2019 zwei grosse Online-Umfragen beim Pflegepersonal durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen auf: Die Pflegenden arbeiten seit Jahren am Limit. Stress, gesundheitliche Probleme, Spardruck, zu knappe Personalressourcen und viele Berufsausstiege sind an der Tagesordnung.

Ältere, kranke Menschen sind häufig Opfer von Vernachlässigung. Neue Pflegekonzepte sind nötig. Denn die Aussichten für das Gesundheitswesen sehen übel aus.

In der Tat, auch wenn alte Menschen sich manchmal schwer tun beim Denken, die Falten im Gesicht gross sind, die Gelenke schmerzen: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wenn auch der nächste Herbst kommen wird…

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Madleina Manetsch

Madleina Manetsch (*1973), Fachfrau Gesundheit EFZ, arbeitet in der Langzeitpflege und - betreuung in einer privaten Spitex im Kanton Zürich.

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