Schlag auf Schlag zieht jetzt der Frühling mit seinen augenfälligen Zeichen ins Land. Landwirte und Hobbygärtner haben ab Mitte März Hochbetrieb. Es ist die Zeit, wo die Böden zügig abtrocknen und damit gut bearbeitet werden können.
„Gertrud ist die erste Gärtnerin“ besagt eine Bauernregel. Und sie hat recht. Denn am 17. März ist ihr Namenstag. Das ist in etwa auch der Zeitpunkt, wo die sogenannte Grünlandtemperatur einen Wert erreicht hat, wo die Kulturen den Stickstoff aufnehmen können und mit der Fotosynthese beginnen. Die Agrarmeteorologie bedient sich hierfür einer rechnerischen Ermittlung. Dabei werden alle positiven Tagestemperaturmittel ab Januar aufsummiert. Diejenigen vom Januar mit 0,5 multipliziert, jene vom Februar mit 0,75 und ab März den vollen Wert. Wenn die Summe von 200 Grad erreicht ist, beginnt das nachhaltige Pflanzenwachstum mit der Stickstoffaufnahme und der Photosynthese. In den letzten 20 Jahren hat sich dieser Termin um eine Woche auf Mitte März verfrüht.
Die Schneeglöckchenblüte hat schon bereits im Februar den Vorfrühling eingeläutet. Und die Stare sind auch schon zurück, kündeten damit pünktlich den ersten zaghaften Frühlingsvorstoss an. Doch die diesjährige Vegetationsentwicklung weist als Folge des sehr milden Winters derzeit einen Vorsprung von zwei Wochen auf. Seit 20 Jahren ist im Frühling eine rasante Verfrühung der phänologischen Eintrittsdaten der Pflanzenentwicklung zu beobachten.
Fröste noch nicht vorbei
Der letzte Frost liegt indessen mit grösster Wahrscheinlichkeit noch nicht hinter uns. Der Durchschnitt für den letzten Frost liegt im Unterland um Mitte April. Die Streubreite ist allerdings sehr gross und liegt gemäss Wetterbuchhaltung im östlichen Mittelland zwischen Anfang März und Anfang Mai. Auch die letzten Schneefälle weisen eine enorm grosse Streubreite auf. Sowohl der Februar, als auch der Mai können die letzten Schneeflocken bis ins Unterland bringen. Die «Eisheiligen» um Mitte Mai sind ihrem Ruf als Spätfrostbringer jedoch untreu geworden. Jene Wetterregel, die im Volksglauben wohl am stärksten verwurzelt ist, findet nicht mehr statt.
Frühlingsfront ist schon gestartet
Der März ist in den letzten 20 Jahren wärmer, trockener und deutlich sonniger geworden. Er bringt uns beinahe die doppelte Sonnenscheindauer des Februars.
Die Tageslänge nimmt jetzt täglich um fast vier Minuten zu. Der März ist mit seinen Frühlingsstürmen der windreichste Monat des Jahres. Die geringen Niederschläge und die grosse Verdunstung führen in den Frühlingsmonaten oft zu einer geringen Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung). In einigen Jahren sank diese im März sogar massiv in den Negativbereich. Es wird aber für die Aussaaten und Pflanzungen gerne gesehen, wenn der Böden nicht durchnässt sind. So lautet eine bekannte Bauernregel: «Märzenstaub bringt Gras und Laub.»
Die blühende Frühlingsfront, gekennzeichnet durch die Apfelbaumblüte, ist in Spanien schon Anfang März gestartet. Mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Tag bewegt sie sich nordwärts, erreicht Ende April die Ostschweiz und Mitte Juni Norwegen.
Christoph Frauenfelder (*1950) ist Architekt in Pension und seit vielen Jahren als Wetterexperte tätig. Seine Spezialgebiete: Agrarmeteorologie, Klimatologie, Historisches Klima, Bodenseeklima. Er lebt in Niederuzwil
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