(Bild: Adrian Ehrbar)
Er wurde als «Gipfelstürmer unter den Schweizer Köchen» bezeichnet. Solche Aussagen schmeicheln Tobias Funke jeweils zur kurz. Im Fokus steht das Geschäft. Seit vier Jahren wirkt er in der «Fernsicht» in Heiden. Dort die Gäste für sich gewinnen zu können, gehe etwas länger als am Zürichsee.
Tobias Funke, Sie wirken nun bereits seit vier Jahren in der «Fernsicht». War der Wechsel vom Zürichsee nach Heiden eine Art Kulturschock?
Nein, überhaupt nicht. Hier ist alles viel persönlicher und näher.
Haben die hiesigen Gäste andere Ansprüche?
Auch hier setzten die Gäste gerne auf Nähe und wollen die Leute dahinter persönlich kennen. Es dauert ein bisschen länger bis man sie gewinnen kann, aber dafür sind sie sehr treu und rennen nicht immer wieder dem neusten Hype nach.
Sie wurden bereits 2011 zum GaultMillau-Aufsteiger des Jahres gekürt. Medien bezeichnen Sie unter anderem als «Gipfelstürmer unter den Schweizer Köchen». Bekommen Sie manchmal das Nervenflattern, diesen hohen Ansprüchen stets gerecht zu werden?
Nein, in keinster Weise. Das ist etwas, das eine Person über mich geschrieben hat. Es schmeichelt zwar, aber zwei Minuten später ist man wieder in der Realität angelangt und wie alle, die ein Geschäft führen dürfen, mit den ganz normalen alltäglichen Problemen beschäftigt. Zurzeit ist vielleicht unser Beruf «cool» und «in», aber niemand weiss, wie sich das Ganze in fünf oder zehn Jahren präsentieren wird.
Wo holen Sie sich grundsätzlich die Inspiration für neue Kreationen?
Neue Idee kann man aus vielen Einflüssen sammeln, am meisten natürlich über neue Produkte. Wenn wir neue Lebensmittel in der Küche haben oder eine neue Saison beginnt, spriessen die Ideen nur so - sofern wir von der Qualität begeistert sind. Aber auch über neue Weine, neue Teller oder einfach durch das Philosophieren kommt man zu Inspirationen.
Wie stark denkt man bei der Phase der Ideensuche an die Kritiker?
Nie. Entweder sind wir interessant und erwähnenswert oder nicht. Am Wichtigsten sind Authentizität, Ehrlichkeit und der Drang, sich durch und durch treu zu bleiben. Natürlich kochen wir für die Gäste. Aber wenn ich stets auf alle anderen Meinungen hören würde, hätte ich nicht meinen eigenen Stil erarbeiten können – und der ist unverkennbar.
Es gibt demnach Gäste, die meinen, es besser zu wissen, als Sie?
Natürlich gibt es das. Während den über 20 Jahren, die ich nun als Koch tätig bin, habe ich schon so einiges erlebt. Und durchaus auch Gäste, die uns gerne ihre Meinung aufdrücken möchten. Grundsätzlich ist es sicherlich schon einmal ratsam, wenn man sich vor einem Besuch auf der Webseite informiert und die Speisekarte anschaut. So passiert es sinnbildlich nicht, dass man zum «Thailänder» geht und nach einer Pizza verlangt…
Auf der Webseite der Fernsicht stösst man auf den Begriff «Swiss Alpine Food». Was muss ich darunter verstehen?
In unserem gutbürgerlichen Restaurant verwenden wir zu 99.9 Prozent Schweizer Produkte aus den Alpenregionen. Lediglich Schokolade und Pfeffer oder andere Gewürze stammen nicht von hier. Gemüse, Früchte, Fleisch und Fisch sind «Swiss Made». Auch legen wir bereits seit Jahren sehr viel selber ein, damit wir gerade in den kalten Monaten nicht nur Lagergemüse oder Lagerobst verwenden müssen.
Nachhaltigkeit ist das Thema der Stunde. Kann man sich heute als Koch überhaupt noch einen Namen machen, ohne den Fokus klar auf regionale Produzenten zu legen?
Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht so sicher. Ich lese zwar nur noch von «Noise to tail» und von «Food waste» etc. aber inzwischen singen alle die gleichen Lieder – aber nur die wenigsten sind wirklich ehrlich unterwegs.
Er gehört zu den Spitzen- und Sterneköchen der Schweiz – und mit Jahrgang 1982 zu den jüngsten. Tobias Funke hat dennoch bereits viel Erfahrung. Er hat unter anderem das Restaurant «Funkes Obstgarten» in Freienbach (SZ) geführt und in «Petermanns Kunststuben» in Küsnacht (ZH) gekocht. 2011 wurde er zum jüngsten Gault Millau-Aufsteiger gekürt und mit 16 Gault Millau-Punkten sowie einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
(Bild: Adrian Ehrbar)
Restaurant Fernsicht in Heiden.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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