Das Ende mit Schrecken eines schrecklichen Projekts. Als sollten hier sämtliche Vorurteile bestätigt werden: ein linkes Kulturprojekt, massiv subventioniert und unterstützt, ist krachend gescheitert.
Knapper geht's kaum: «Das Kosmos blieb leider nur eine Vision ohne nachhaltige Machbarkeit.» Die verlinkte Medienmitteilung hat den Charme des Unfertigen:
«Damit stellt die Kino-, Kultur- und Gastroinstitution an der Europaallee in Zürich den Betrieb per [ergänzen] ein. Der neue Verwaltungsrat sieht den Schritt als unausweichlich, das Unternehmen lässt sich nicht länger aufrechterhalten.»
Einer der neuen Verwaltungsräte, die das Schlamassel aufräumen sollten, das eine ganze Riege von selbstverliebten und unfähigen Vorgängern (und Vorgängerinnen) hinterlassen hatte, beklagt sich: «Die finanzielle Lage des KOSMOS wurde uns nicht transparent dargelegt.»
Wie schrieb ZACKBUM schon im Mai ganz richtig: «Wenn vier Bestandteile zusammenkommen, dann kracht’s. Linke Gesinnung, Kultur, Subventionen und Geschäft.»
Denn intrigieren kann man hier besser als wirtschaften. Als besonders hartnäckiger Stänkerer entpuppte sich der Filmemacher Samir, dessen wiederholte Putschversuche abgeschmettert wurden, der aber als Rache den für jeden Quatsch zu habenden Daniel Binswanger montierte, der in der «Republik» einen angeblichen Putschversuch rechter Kreise herbeifantasierte.
Dabei arbeitet die schreibende Schmachtlocke auch für ein Organ, dass das Thema Geld nicht wirklich im Griff hat. Wie sagte schon der Initiator des Projekts, Steff Fischer, ganz richtig: «Ein etwas tiefer liegendes Problem beim ‹Kosmos› ist, dass das grosse Geld von Erb-Linken stammt.»
Was er damit meinte: hier wird Kohle aus schlechtem Gewissen verlocht, an so profane Dinge wie Gewinn, Ertrag, Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben wird natürlich nicht gedacht. Deshalb ist dieser Bankrott auch eine Bankrotterklärung all derer, die feinsinnig kulturästhetische Locken auf der Glatze drehten, während schon längst Feuer im Dach war, die Stützbalken krachten und das Erdgeschoss unter Wasser stand.
Nun ist der Stecker rabiat rausgezogen worden, und es herrscht dröhnendes Schweigen bei den sonst so beredten und jeglichen eigenen Quatsch schönquatschenden Salonlinken.
Der Stecker wurde so rabiat rausgezogen, dass selbst die E-Mail-Adresse medien@cosmos.ch nicht mehr funktioniert. Es ist ein Notstopp in brutaler Manier; vor Nikolaus haben 71 Mitarbeiter erfahren, dass es eher traurige Weihnachten werden. Denn ab sofort ist die Arbeitslosenversicherung für sie zuständig.
Die beiden erst seit drei Monaten amtierenden Totengräber-VR nehmen kein Blatt vor den Mund: «Das Kosmos ist illiquid und hoffnungslos überschuldet», sagt Roberto Feusi der NZZ. Er und sein Kollege Valentin Diem hätten gleich nach Amtsübernahme ein externes Gutachten erstellen lassen, «das unter anderem massiv zu hohe Personal- und Warenkosten im Verhältnis zum Umsatz ergeben habe».
Natürlich kann man als VR nicht allzu schlecht über das vertretene Unternehmen sprechen. Aber die Worte Sauhaufen, Misswirtschaft, Wolkenkuckucksheim, keine Ahnung vom Geschäft, aus dem Ruder laufende Kosten sind nicht fehl am Platz.
Doch interne Querelen und Sprüche wie, dass die Gefahr bestehe, dass der kulturelle Aspekt zugunsten der Gastronomie «marginalisiert» werde, waren den Beteiligten wichtiger als ein Kassensturz. Nachdem der vorherige, rein weibliche Verwaltungsrat unter Führung von Monica Glisenti im Frühling geschlossen zurückgetreten war, dümpelte das Kosmos führungslos vor sich hin.
Kein Grund für Samir und Konsorten, sich nicht in erster Linie um Machtansprüche zu kümmern oder beleidigte Leberwurst zu spielen. Dabei hatten SBB und Aktionäre und Darlehensgeber schon mehrfach einiges Geld ans Bein gestrichen, um eine drohende Überschuldung zu vermeiden. Auch sie stehen nun vor einem kompletten Scherbenhaufen. Insgesamt dürften rund 20 Millionen Franken abzuschreiben sein.
Denn das «Kosmos» ist nicht etwa von Rechten gekapert worden, wie Schwurbler Binswanger behauptete. Sondern zum ersten Mal seit vielen Jahren haben zwei Geschäftsleute den Laden analysiert, sind tödlich erschrocken und haben sofort die Konsequenzen gezogen.
Allerdings könnte sich hier noch ein netter Skandal anbahnen. Zum einen muss die Frage beantwortet werden, ob der vorherige Verwaltungsrat unter Leitung von Glisenti nicht wusste, wie schlimm es um das «Kosmos» steht. Konkursverschleppung ist ein Straftatbestand.
Zum anderen haben einige clevere Erblinke noch rechtzeitig ihre Aktien an den nächsten Dummen verkauft. Darunter der Komiker Patrick Frey. Der neue Mehrheitsaktionär François Chappuis sagt auf «Inside Paradeplatz»: «Die fünf Frauen im alten VR stellten immer alles glänzend dar, doch der gezeichnete Zustand entsprach überhaupt nicht den Tatsachen.»
Auch einer der beiden Veraltungsräte, die sofort den Stecker ziehen mussten, beklagt sich: «Uns wurde nie reiner Wein eingeschenkt, erst die externe Analyse brachte das gigantische Loch zum Vorschein.»
Dagegen keilt Glisenti zurück, wenn sich die VR beklagen würden, «sie seien nicht ausreichend informiert gewesen, liegt es vermutlich eher daran, dass sie sich nicht informiert haben».
Was wusste der Glisenti-VR, hat er wirklich transparent informiert, haben die cleveren Altaktionäre ihre Pakete wider besseres Wissen einem Nachfolger aufs Auge gedrückt? Interessante Fragen.
Die Erblinken haben einiges Geld verlocht, was sie nicht sonderlich schmerzt. Sie werden allem und allen die Schuld für das Scheitern geben, nur nicht sich selbst. Die Konsequenzen ihrer Unfähigkeit müssen die Angestellten ausbaden. Das ist den Erblinken schnurzegal, denn Solidarität, Kampf gegen Ausbeutung und brutalen Neoliberalismus – das findet natürlich nur ausserhalb des Kosmos statt. Und nur als Lippenbekenntnis.
Wie sagt der letzte VR so richtig: «Die Zeche zahlen nun 71 Angestellte und viele Gewerbler.» Bislang hat man von den Millionären von Patrick Frey auf- und abwärts noch kein Wort gehört, dass sie allenfalls für solche Verbindlichkeiten geradestehen oder sich um Härtefälle unter den auf die Strasse gestellten Angestellten kümmern wollten. Vielleicht werden sie ihr Bedauern ausdrücken und trotzdem fröhliche Weihnachten wünschen.
Für all das gibt es leider nur ein Wort, beziehungsweise zwei: zum Kotzen.
René Zeyer (1955) ist Publizist, Bestsellerautor («Bank, Banker, Bankrott») und Kommunikationsberater. Er lebt in Zürich und gibt die medienkritische Plattform ZACKBUM.ch heraus.
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