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Crypto Valley

Die Chancen der Blockchain für die Immobilienbranche nutzen

Trotz der gegenwärtigen Krise hat das Crypto Valley mit Zug im Zentrum an Substanz gewonnen.

Renata Kratzer am 29. Oktober 2020

Die Anzahl der dortigen Unternehmen ist dem aktuellen Top-50-Report des Start-up-Investors Crypto Valley Venture Capital (CV VC) zufolge im ersten Halbjahr 2020 auf 919 gestiegen.

Die Anzahl der Beschäftigten in der Schweiz und in Liechtenstein habe 4784 erreicht. Dabei wurden und werden Wachstum sowie Finanzierung in allen Bereichen vorangetrieben, auch in der Immobilienbranche. Zwar gibt es durchaus Hürden, jedoch sind die Chancen, um in der Schweiz von der Blockchain-Technologie zu profitieren, hervorragend.

Dies wird an der erfolgreichen Entwicklung deutlich. Ende Dezember 2018 waren in einer Liste der grössten sowie bedeutendsten Unternehmen im Crypto Valley der Strategen von PwC Strategy&, CV VC und dem IT-Unternehmen inacta 750 Unternehmen genannt, die mit Distributed-Ledger-Technologie arbeiten. Dies geht aus dem Beitrag «Die Blockchain hat begonnen, die Immobilienbranche zu revolutionieren» hervor, der ein Bild von der Lage im ersten Quartal des vergangenen Jahres zeichnet.

Damals hatte das Start-up blockimmo in Kooperation mit den Unternehmen Elea Labs und Swiss Crypto Tokens in Baar die erste Schweizer Immobilie tokenisiert. Seitdem ist einiges geschehen. So folgte Mitte Januar 2020 die Tokenisierung der bislang teuersten Immobilie: Das Schweizer Blockchain-Investmentunternehmen BrickMark hat ein Gebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse für einen dreistelligen Millionenbetrag erworben und nach seinen Angaben zu einem grossen Teil mit einem eigenen Token bezahlt. Zudem sind weitere Anwendungsfälle hinzugekommen.

Vielfältige Einsatzbeispiele

In einem Blogbeitrag der Hochschule Luzern sind drei verschiedene Anwendungsfälle erläutert. Eines ist die bereits angeführte Möglichkeit, eine Immobilie als digitales Asset oder Token zu erfassen. Der reale Vermögenswert könne per Mausklick verkauft oder gekauft werden. Dies führe zu einer flexiblen, schnellen digitalen Transaktion, welche jederzeit vollständig transparent und rückverfolgbar sei sowie hohe Transaktionsgebühren enorm reduziere. Ein weiteres Exempel liegt im Bereich Energieversorgung.

Mit der Blockchain-Technologie liesse sich ein dezentrales Verteilnetz des durch Solarpanels von Hauseigentümern überschüssig produzierten Stroms für den freien Handel aufbauen. Dieses wäre effizient, seriös, ehrlich und transparent. Deutlich wird das Prozedere am Portal des im September vergangenen Jahres gegründeten Start-ups Ormera für die Messung und Verrechnung von eigenproduziertem Strom, welches CV VC im angeführten Report als sehr aussichtsreich bewertet.

Als Drittes können über die Blockchain Prozesse, bei welchen die Werteflüsse durch feste Parameter definiert seien, vollständig automatisiert werden, so die Hochschule Luzern. Einzelne Transaktionen können mit Dienstleistern durch Smart Contracts geregelt werden. Insbesondere im Bau nach Building Information Modeling wäre die Blockchain-Technologie eine optimale Erweiterung, da sämtliche Aktionen und Zustände korrekt in einem eindeutigen Modell hinterlegt sein müssen und die Abläufe durch Smart Contracts automatisiert gesteuert werden könnten. Dies verspreche eine schnellere, kosteneffizientere sowie transparentere Planungs- und Bauphase.

Es fehlt noch an Wissen

Diese Beispiele zeigen, «dass die Blockchain die Immobilienbranche ordentlich durchschütteln kann und wahrscheinlich auch wird». Bislang sei dies jedoch nur in der Theorie oder in Pilotprojekten zu sehen. Eine Umfrage der Hochschule belege dies. Ihr zufolge konnte knapp ein Drittel der Befragten aufgrund mangelnden Wissens nicht sagen, ob die Blockchain-Technologie sich langfristig in der Immobilienbranche etablieren werde oder es sich um einen temporären Hype handele.

Nur wenige wussten, was Smart Contracts seien und noch weniger Befragte konnten die Tokenisierung von Immobilien als Einsatzbeispiel benennen. Der Hochschule zufolge sind viele Unternehmen bereits mit der Digitalisierung überfordert. Sie müssten zuerst ihre Hausaufgaben zu den Grundlagen erledigen, bevor sich eine Implementierung dieser Technologie lohnen würde.

Zweifel schwinden jedoch zunehmend, wie eine globale Umfrage der Wirtschaftsexperten von Deloitte zwischen Anfang Februar und Anfang März 2020 ergab. Denn die Schweiz ist ein hervorragender Ort, um von der Blockchain-Technologie zu profitieren.

Fortschrittlichste Rahmenbedingungen

Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (FinMA) zählt zu den progressivsten Aufsichtsbehörden der Welt, berichtet der Cointelegraph. Die Regierung ist den technologischen Veränderungen gegenüber ebenfalls positiv eingestellt. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass im September der Ständerat, wie schon zuvor der Nationalrat, ohne Gegenstimme «der Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register» zugestimmt hat.

Diese Anpassung von rund einem Dutzend bestehenden Gesetzen räumt rechtliche Barrieren für Anwendungen der Distributed Ledger Technology aus, heisst es in der Neuen Zürcher Zeitung. Die Gesetzesrevision verbessere und kläre Unsicherheiten – insbesondere im Zivil- und im Konkursrecht – im Umgang mit Krypto-Vermögenswerten. Es ist davon die Rede, dass das Parlament den Ruf der Schweiz als Krypto-Pionier „zementiert“ hat und nach Angaben der Swiss Blockchain Federation von regulatorischen Rahmenbedingungen, «die weltweit zu den fortschrittlichsten» gehören. Nach Worten von Arthur Vayloyan, CEO des Krypto-Dienstleisters Bitcoin Suisse, werde das Blockchain-Gesetz «das Vertrauen der institutionellen Teilnehmer in die neue Technologie steigern und weitere konstruktive Aktivitäten auslösen».

Es ist also an der Zeit, die Trägheit und Innovationsresistenz in der Branche sowie das Misstrauen, wie es die Hochschule Luzern formuliert hat, über Bord zu werfen und sich mehr Wissen anzueignen. Certificate of Advanced Studies (CAS) in Blockchain gehören inzwischen zu den Programmen der Schweizer Hochschulen – von der Universität Zürich über die Hochschule Luzern und die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften bis hin zur Fernfachhochschule Schweiz.

Darüber hinaus wächst mit der Anzahl der Unternehmen und deren Mitarbeitern im Crypto Valley auch die Anzahl der Experten, die den Wissenstransfer vereinfachen und beschleunigen können. Es gilt jedoch, die Angebote zu nutzen.

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Autor Dani Egger

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Autor/in
Renata Kratzer

Renata Kratzer ist Management Consultant bei Nellen & Partner. Sie hat Biochemie studiert und in führenden Unternehmen in der Schweiz 18 Jahre praktische Erfahrung als Researcherin im Executive Search gesammelt. Sie unterstützt Mandanten aus der Bau- und Immobilienbranche bei der Besetzung von Kader- und Spezialistenpositionen.

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