Dieser Schuss ging sprichwörtlich nach hinten los. Cornelia Büchi lichtete sich auf einem Wahlplakat mit einer Waffe ab, um die Sportschützen für die Kantonsratswahl zu mobilisieren. Und trat damit einen gewaltigen «Shitstorm» los. Wer ist die Frau, die schweizweit für Wirbel sorgt?
«Ja, aber nur, wenn ich meine Sicht der Dinge klarstellen darf.» Die Antwort auf die Interviewanfrage kam zögerlich. Verständlich, denn der Schlamassel, der über Cornelia Büchi hereinbrach, war riesig und zog schweizweite Kreise. Und damit wurden auch viele Unwahrheiten verbreitet, wie die SVP-Politikerin erklärt. Es wurden Vergleiche zum Zuger Attentat gezogen, bei welchem während einer Kantonsratssitzung 14 Menschen erschossen wurden. «Typisch SVP», «Eine Schande» oder «Einfach krank», fanden es die anderen. Mit ihrem Wahlplakat, welches eigentlich gar keines war, trat Büchi gleich in mehrere Fettnäpfchen. Dabei wollte sie nur eines: «Die Sportschützen zum Wählen animieren.»
Keine bösen Absichten
Der Anfang der Geschichte machte ein Foto, welches mit der Wahlaufforderung an Schützenkollegen des Bezirks Frauenfeld verschickt wurde. Ein Plakat, welches Büchi mit einer Waffe ablichtet, stellte sie direkt vor das besagte Schützenhaus Galgenholz, wo sie Mitglied ist. «Ich wollte so einen Kontakt herstellen zu den Sportschützen, welche mich vielleicht noch nicht persönlich kennen», sagt die Thurgauerin.
Dann passierte erst einmal – gar nichts. Eine Woche lang. Bis sich schliesslich die Ereignisse überschlugen. Nationale Schlagzeilen waren die Folge, Büchi musste sich diversen Kritiken aussetzen, jeden Tag gab es eine neue Schlagzeile. Auch heute, einige Tage später, beteuert sie, keine bösen Absichten verfolgt zu haben. «Der Sport hat nichts mit Waffengewalt zu tun, es ist lediglich ein Hobby, nichts verwerfliches», betont sie. Überall hätte sie das Wahlplakat ohnehin nicht aufgestellt – eben nur dort, wo die Sportschützen ein- und ausgehen.
Nicht die erste mit Waffe
Dass Politiker mit Waffen posieren, ist nicht neu. Bereits in der Vergangenheit gab es den einen oder anderen, welcher so für die Wahl mobilisierte. Doch der Aufschrei war höchstens ein laues Lüftchen – es interessierte schlicht die wenigsten. Warum das nun bei ihr anders ist, darüber kann Büchi nur spekulieren. Vielleicht mache es einen Unterschied, weil sie eine Frau sei? «Ich weiss es nicht», so die ehemalige Gemeinderätin. Bereut sie den Schritt, sich mit einer Waffe abgelichtet zu haben? «Ich denke nach wie vor, dass das Plakat vor dem Schützenhaus ok ist. Ob ich es angesichts der Reaktionen noch einmal machen würde – das kann ich derzeit noch nicht beantworten.» Doch sie sei keine Person, die sich lange mit solchen Niederlagen aufhalte oder gar depressiv werde. Vielmehr verfolgt sie die Devise «Augen zu und durch.»
Für Transparenz
Vielmehr als auf das Geplänkel will sich die Thurgauerin auf den nahen Abstimmungstermin konzentrieren. Nach wie vor ist ihr viel an der Politik gelegen. Damals entschloss sie sich, nach der Familienzeit eine Tätigkeit zu suchen, welche sich in Teilzeit ausüben lässt. Schliesslich wurde sie angefragt, ob sie sich vorstellen könnte, im Gemeinderat mitzuwirken. Was Büchi schliesslich auch tat. Fast zehn Jahre lang. Das Ressort Energieversorgung war zu anfangs zwar noch eine Herausforderung. Aber: «Ich habe sehr vieles gelernt, las mich in Dossiers ein, knüpfte neue Kontakte», erinnert sich Büchi zurück.
Schliesslich erhielt sie die Chance, auch beruflich in die Energiebranche einzusteigen, wo sie auch heute noch tätig ist. Dies sind insbesondere auch die Themen, welche sie als Kantonsrätin verfolgen würde – wenn es denn klappt mit der Wahl am 15. März. «Ich setze mich für eine sachliche Energiepolitik ein, die weniger von Ideologie geprägt ist.» Zudem stehe sie für Transparenz ein, was sie auch mit der Unterstützung der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips im Kanton Thurgau bewiesen habe. Die Initiative hatte zum Ziel, dass der Kanton sowie die politischen Gemeinden und Schulgemeinden in amtliche Akten Einsicht gewähren, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen – und wurde mit grosser Mehrheit angenommen. «Ich denke einfach, dass wir das den Bürgern schuldig sind», so Büchi weiter.
Gelassene Stimmung
Dem 15. März sieht Büchi relativ gelassen entgegen. Ohnehin beschreibt sie sich selber als eine vielseitig interessierte Frau mit Durchhaltevermögen. «Wenn ich gewählt werde, freue ich mich – wenn nicht, ist es kein Weltuntergang», so die zweifache Mutter. Mit ihrer Tochter werde sie auch den Wahlsonntag verbringen. Morgens wird sie wie immer zum Krafttraining gehen, anschliessend mit ihrer Tochter brunchen. Am Nachmittag besucht sie das Wahlzentrum in Frauenfeld, um die Ergebnisse abzuwarten. Getreu ihrem Motto, welches sie auch beim Plakatdebakel aufmunterte: «Morgen ist ein neuer Tag, ich nehme es, wie es kommt.»
Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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