Mit einer Petition wehrt sich ein Berufsverband gegen die «Kürzung der Kulturbeiträge» in der Stadt St.Gallen. Nur: Eine solche Kürzung gibt es nicht. Der Stadtrat verzichtet lediglich auf eine Erhöhung der bisherigen Beiträge an zwei Kulturinstitutionen.
Der St.Galler Stadtrat muss sparen. Beziehungsweise: Er sieht sich in der Pflicht, die Ausgaben herunterzufahren, nachdem das Stadtparlament eine Steuersenkung beschlossen hat. Medienwirksam zuerst kommuniziert wurde der Verzicht auf die Erhöhung der Subventionen für zwei Kulturbetriebe: Das «Palace» und das Sitterwerk.
Es geht um 25'000 Franken, die so gegenüber den ursprünglichen Plänen eingespart werden. Nicht viel angesichts eines beabsichtigten Sparpotenzials von 5 Millionen. Andererseits: Es gibt keinen Ausgabenposten, bei dem man ohne Nebenwirkungen mal schnell einige hunderttausend Franken streichen kann. Deshalb ist auch «Kleinvieh» gefragt. Und zwar eine Menge davon.
Visarte.ost der Berufsverband der visuellen Kunst in der Ostschweiz, hat nun eine Petition lanciert, die sich gegen die Sparbemühungen bei den beiden Kulturbetrieben wehrt. Bis zum 4. Januar nachmittags hatten rund 350 Personen die Petition unterschrieben, angepeilt werden 1000. Man sei «nicht einverstanden» damit, dass bei der Kultur gespart wird, so der Tenor der Petitionäre - und derjenigen, die unterschreiben.
Irreführend ist aber der Titel der Petition. «Reaktion auf die Kürzung der Kulturbeiträge an die Stiftung Sitterwerk und das Palace», lautet dieser. Damit wird kurzerhand verschleiert, dass es gar keine Kürzungen gibt. Sowohl Palace wie auch Sitterwerk erhalten weiterhin so viel Subventionen wie bisher, gestrichen wird gar nichts. Der Stadtrat geht einfach nicht auf die beantragte Erhöhung der Unterstützung ein. Denn beide Kulturbetriebe hatten sich mehr Geld gewünscht.
Eine Kürzung ist einfach zu definieren: Bisher gesprochene Gelder werden beschnitten. Der Verzicht auf einen Ausbau der Subventionen ist hingegen keine Kürzung. Dass das Palace beispielsweise eine «Professionalisierung» des Betriebs vorgenommen hat und deshalb mehr Geld will, sei dem Kulturbetrieb unbenommen. Dass der Stadtrat dem nun nicht nachkommt, aber ebenso. Die Kultur ist kein Selbstbedienungsladen, in dem man die Leistung hochfahren und dann einfach zwei hohle Hände statt einer ausstrecken kann.
Es ist nicht einzusehen, weshalb die Kultur von Sparanstrengungen ausgenommen sein soll. Und in die andere Richtung gefragt: Wie wäre es angekommen, wenn der Stadtrat umfangreiche Sparmassnahmen an anderem Ort vorgenommen, gleichzeitig aber die Subventionen für zwei Kulturbetriebe erhöht hätte?
Offenbar erschöpft sich die Kreativität von Kulturbetreibern oft beim eigentlichen Produkt. Geht es um die Finanzierung, sind kreative Wege plötzlich ausgeschlossen. Da muss der Staat ran. Und damit die Steuerzahler. Ein Hohn angesichts anderer Kulturveranstalter, die sich bemühen, aus eigener Kraft selbsttragend aktiv zu sein.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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