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Gastkommentar

Die Maskierung der Zweiklassengesellschaft

Bundesrat Alain Berset möchte bei einer künftigen Maskenpflicht Geimpfte gegen Covid-19 nicht vom Tragezwang entbinden.

Andrea Seaman am 06. Juli 2021

Eine Ausnahme geimpfter Personen würde Menschen mit einer Maske den schändlichen Stempel eines Impfverweigerers aufdrücken und den maskierten Missetäter den freigelegten ihn missbilligenden Gesichtszügen der geimpften Bevölkerung aussetzen. Die Regierung könne, so Berset, keinesfalls die Maske zum Kennzeichen eines Zweitklassenbürgers machen, da dies moralisch nicht vertretbar und praktisch nicht umsetzbar sei.

Kein rechtschaffener Mensch kann natürlich für die Diskriminierung ungeimpfter Personen sein, die sich dadurch in Bürger zweiter Klasse verwandeln. Auf diese einsichtige Position stützt sich Berset. Er unterlässt es jedoch, diese löbliche Haltung wirklich ernst zu nehmen. Nichtgeimpfte vom exklusiven Schandmal der Maske zu befreien, indem man sie allen generell aufzwingt, schafft nämlich die Zweiklassengesellschaft der Schweiz nicht ab. Es maskiert sie nur.

Denn auch wenn alle Masken tragen müssen, dürfen gemäss der Anordnung des Staats trotzdem nur die Geimpften wie die Genesenen und Getesteten bestimmte Veranstaltungen mit einer gewissen Teilnehmerzahl besuchen. So funktioniert eine Zweiklassengesellschaft. Das Leben Ungeimpfter wird sich, gesteht sogar Berset, „ziemlich stark erschweren.“ Vielleicht hofft der Bundesrat, dass Geimpfte Ungeimpfte für den generellen Maskenzwang verantwortlich machen, auf diese somit wütend werden und deshalb deren Ausschluss von Grossveranstaltungen ein wenig mehr gutheissen. Die Impfkampagne fände im resultierenden Impfdruck einen Antrieb.

Ferner erwirkt man mit der allgemeinen Maskenpflicht genau das, was man vermeiden will, da man mit ihr Nichtgeimpfte trotzdem kennzeichnet. Zwingt man Geimpfte ebenfalls zum Maskentragen, fallen Ungeimpfte zwar nicht durch eine Maske, wohl aber an geselligen Anlässen durch ihr Fehlen auf, und geraten dadurch in Verdacht, die Impfung zu boykottieren.

Zurück zu Herrn Berset: Wenn er wahrhaftig die Zweiklassengesellschaft verhindern will, warum plädiert er dann nicht für die Abschaffung der oben genannten Privilegien der Geimpften, Genesenen und Getesteten? Dafür plädiert Berset nicht, weil er die Benachteiligung derjenigen, die weder ein Impfzertifikat noch einen relevanten staatlich anerkannten Ausweis besitzen, unterstützt. Berset geht es mit seinem universellen Maskenzwang nur darum, den Anschein zu erwecken, dass er sich politisch der Zweiklassengesellschaft entgegenstellt.

Berset weiss wohl, dass seine Politik ungerecht ist. Doch er unterschlägt diese Tatsache. Politiker können nicht offen zugeben, dass sie eine Zweiklassengesellschaft einführen. Sie verheimlichen nicht, was sie in ihrem Herzen für wahr halten, weil sie böse Menschen sind, sondern weil ihr Beruf, Stand und Interesse es fordert. Gore Vidal, der amerikanische Schriftsteller, stellte fest: Der Politiker darf sein Geheimnis nie ausplaudern.

Der Bundesrat geht mit oder ohne Geheimnis völlig in die falsche Richtung. Statt die Maskenpflicht für alle aufzuheben, führt er sie für alle fort – selbst für Geimpfte. Statt die Impf- und restlichen Bewilligungszertifikate für eine moralisch unerlaubte Freiheitsbeschränkung zu erklären, nennt Berset sie „eine Freiheit.“ Schliesslich hebt er die Allgemeingültigkeit des Maskendekrets hervor, um so zu tun, als ob er Diskrimierung grundsätzlich ablehne.

Bei solchen politischen Taschenspielertricks überläuft das Fass unserer belasteten Toleranz. Lassen wir uns nicht täuschen. Kämpfen wir für das Gegenteil des staatlichen Holzwegs. Für die Abschaffung der Maskenpflicht und der Zertifikate, kurz: für unsere Freiheit.

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Autor/in
Andrea Seaman

Andrea Seaman ist  Masterstudent in Philosophie und Geschichte an der Universität Fribourg. Er schreibt für das Onlinemagazin NovoArgumente und für Spiked Online und ist Vorstandsmitglied beim Diskussionsforums «Zurich Salon».

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