Als die Shopping Arena St. Gallen vor 16 Jahren erstmals ihre Türen öffnete, war Fabienne Diez als Marketingleiterin bereits Teil des Kernteams. Vor einem Jahr übernahm sie von Marc Schäfer die Leitung des Centers. Ein Gespräch über den «Seitenwechsel», den Einsatz von Robotern und Rutschbahnen.
15 Jahre Marketingleiterin, nun seit einem Jahr Center-Leiterin: Fabienne Diez, wie hat sich Ihr Berufsalltag verändert?
Ich wusste bereits, worauf ich mich einlasse, aber natürlich ist es ein ganz anderes Aufgabenfeld. Jetzt bin ich für den reibungslosen Betrieb zuständig und stehe im Austausch mit sämtlichen Fachabteilungen, Schnittstellen und Stakeholdern. Meine Aufgaben umfassen die konzeptionelle und strategische Weiterentwicklung des Centers, um sicherzustellen, dass wir auch künftig im Markt bestehen können. Eine herausfordernde, aber äusserst spannende Aufgabe, die mir viel Freude bereitet.
Was fällt unter den Begriff strategische Weiterentwicklung? Wäre es denkbar, dass sich die Shopping Arena in fünf oder zehn Jahren ganz anders präsentiert?
Wir haben das schon beim 10-Jahre-Jubiläum intensiv diskutiert. Wir stellten uns die Frage, ob wir zum 20-jährigen noch ein reines Shoppingcenter sein werden. Wohin sollen wir uns entwickeln? Ist der Name aufgrund der sich verändernden Nutzungskonzepte noch zeitgemäss? Wohin führt das Online-Shopping unsere Gesellschaft? Wie gehen wir mit dem Einkaufstourismus und allgemein mit dem veränderten Einkaufsverhalten um? Muss man mehr im Entertainment-Bereich anbieten? Passt der Mietermix noch? Diese Fragen beschäftigen uns fortlaufend.
Um es etwas einzugrenzen: Im Grundsatz kann man sagen, dass Ihr oberstes Ziel ist, das Gebäude zu «füllen», womit auch immer?
Unser Ziel ist die Vollvermietung, und das haben wir bisher immer erreicht. Dies ist in der heutigen Zeit nicht ganz einfach. Wir haben sogar das Glück, über eine Interessentenliste zu verfügen. Bei einem Wechsel achten wir stets darauf, welches Angebot strategisch gut passt und den Bedürfnissen unserer Zielgruppe entspricht.
Wie viele Läden sind es heute?
60
Und zu wie vielen Wechseln kommt es durchschnittlich pro Jahr?
Das sind wenige: ein bis zwei.
Gab es schon einmal einen «Abgang», der Sie extrem geschmerzt hat?
Abgänge sind immer bedauerlich. Gleichzeitig gehören sie zum Alltagsgeschäft. Wir sehen Abgänge immer auch als Chance, unser Angebot zu optimieren.
Aber Sie haben eine eigene Wunschliste?
Ja, die haben wir. Natürlich wünscht man sich bestimmte Marken, die für die Ostschweiz spannend wären. Wir möchten gerne komplett neue Marken in die Region bringen. In der Vergangenheit ist uns dies beispielsweise mit Ikea, Zara, Mango, Hunkemöller und einigen anderen gelungen.
Der Mietermix ist sicherlich entscheidend, um das Center attraktiv zu halten. Was benötigt es darüber hinaus noch?
Es braucht unterschiedliche Aspekte, damit die Shopping Arena funktioniert. Der erwähnte Mietermix und das Gesamtangebot sind – wie Sie richtig sagten – entscheidend. Weiter sind aber auch einheitliche Öffnungszeiten, die Erreichbarkeit, das Parkplatzangebot mit E-Ladestationen und eine durchwegs ansprechende Ausstattung wichtige Faktoren.
Von wie vielen Besucherinnen und Besuchern sprechen wir hier eigentlich?
Es sind jährlich circa 4,5 Millionen. An einem durchschnittlichen Tag verzeichnen wir – zusammen mit Ikea – also rund 15 000 Besuche. Wir messen das mittels Sensoren an allen Eingängen. Natürlich gibt es auch absolute «Peaks». Was schätzen Sie, wie viele Personen besuchen uns an einem «Black Friday»?
Wenn es im Schnitt 15 000 sind, würde ich auf das Vierfache davon tippen.
Fast, ja. Es sind rund 50 000.
Für die Ostschweiz sind das stattliche Zahlen. Es heisst doch aber, wir seien zu einer Online-Gesellschaft geworden. Das passt irgendwie nicht zusammen. Wie erklären Sie sich das?
Ich sehe eher, dass ein Gegentrend einsetzt. Nach Corona wurde dieser sogar noch beschleunigt. Man möchte sich treffen, schätzt die persönliche Beratung, möchte die Produkte anfassen und ausprobieren. Ein Center bietet ein komplett anderes Einkaufserlebnis, welches das Internet nie bieten kann.
In der Innenstadt von St. Gallen sieht man hingegen sehr viele leer stehende Lokale. Dort gelingt offenbar nicht, was die Shopping Arena seit 16 Jahren erfolgreich meistert. Weshalb?
Das ist schwer zu beurteilen. Die sehr unterschiedlichen Öffnungszeiten der verschiedenen Anbieter sind sicherlich kein Vorteil. Dadurch fehlt es den Konsumentinnen und Konsumenten an Verlässlichkeit. Bei uns ist dies durch die Mietervereinigung einfacher zu handhaben. Alle müssen sich an gewisse Eckpunkte halten und tragen ihren Beitrag zu unseren Werbeaktivitäten bei. Wir können den Betrieb gezielter steuern. Auch die Parkplatzsituation und die ÖV-Anbindung sind entscheidend.
Orientieren Sie sich bei der Weiterentwicklung stark an anderen Centern? Gibt es Trends, die Sie da jeweils kopieren?
Natürlich tauscht man sich mit anderen Center-Leitern aus. Und bei meinen Reisen im Ausland besuche ich jeweils auch die unterschiedlichsten Anbieter. Aber man muss das relativieren: Mit unseren 60 Läden können wir uns nicht mit einer Dubai Mall vergleichen, die über 1200 Anbieter verfügt. Da sind verrücktere Sachen möglich. In Japan sah ich aber beispielsweise sehr viele robotergesteuerte Angebote. Einige davon haben wir auch schon bei uns integriert. Es braucht Innovationen, um insbesondere die Jugendlichen zu begeistern.
Was wären denn verrückte Visionen für die Shopping Arena? Ein Springbrunnen? Ein Wasserfall?
Auf Visualisierungen sieht das jeweils hervorragend aus. Man könnte beispielsweise auch eine Rutschbahn ins Gebäude integrieren. Letztlich ist die Machbarkeit aber nicht immer gegeben. Wir arbeiten derzeit an einem Revitalisierungsprojekt, das Modernisierungen und Neuheiten beinhaltet. Dazu kann ich aber noch keine Details nennen.
Sie haben zu Beginn erwähnt, dass auch schon über einen Namenswechsel nachgedacht wurde. Wäre das wirklich denkbar? Die Etablierung würde wohl wieder sehr lange dauern. Es gibt zum Beispiel auch heute noch sehr viele Personen, die nicht vom Kybunpark, sondern noch immer von der AFG Arena sprechen …
Das ist genau der Punkt. Es dauert sehr lange, bis ein neuer Name in den Köpfen verankert ist. Deshalb wäre ich da auch sehr, sehr vorsichtig.
(Bild: pd)
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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