So lobt der Politchef von Tamedia Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Allerdings nicht ohne finstere Hintergedanken. Denn der Journalist schreibt aus dem Schützengraben der Rechthaberei.
Denis von Burg hat eigentlich eine verantwortliche Stelle. Als Politchef des grössten Medienkonzerns der Schweiz, der vielerorts ein Tageszeitungsmonopol hat, müsste er auf eine gewisse Ausgewogenheit achten, seinen Lesern nicht mit seiner Meinung ins Gesicht springen.
Aber von Burg ist ein Mann mit einer Mission, ein Fanatiker, ein Rechthaber. Auch ein Verzweifelter, denn trotz all seinem Geschrei hört niemand auf ihn. Dabei ist er um gute Ratschläge nie verlegen. «Jetzt muss Berset die Gegner endlich zur Impfung zwingen», forderte er unlängst.
Wohlgemerkt in einem Land, in dem es keinen Impfzwang gibt. Weil Bundesrat Berset ihm nicht den Gefallen tat, wütet von Burg weiter. «Libertäre und Freiheitstrychler dürfen nicht gewinnen», warnt er, als wäre ein Weltuntergang, wenn in einer demokratischen Abstimmung das Referendum gegen das verschärfte Covid 19-Gesetz angenommen würde.
Er pfeift vor Angst im Wald: «Mehrheitsfähig ist diese Bewegung nicht.» Was für eine Bewegung? «Regelmässig ziehen ein paar Tausend durch die Städte, sind laut und manchmal auch gewaltbereit», «inhaltlich auf sehr bescheidenem Niveau», «abstrus und entblösst die Wortführer der Bewegung als libertäre Wirrköpfe».
Also gäbe es doch Anlass zur Entspannung, nur: «Und doch ist deren Kraft, die Politik einzuschüchtern, gross – gefährlich gross.» Furchtbar, man meint, die Zähne des tapferen Journalisten klappern zu hören: «Nur weil eine radikale Minderheit den Parteien und Behörden Angst macht, riskiert man jetzt eine fünfte Welle. Das ist verantwortungslos.»
Was kann man dagegen tun? Hören wir auf den Sprecher der radikalen Mehrheit. Denn der weiss, was es jetzt braucht. Die Generalmobilmachung? Die Ausrufung des Notstands? Fast, «es braucht jetzt deutliche Zeichen». Er weiss auch, welche; wenn Berset schon keinen Zwang anwenden will, das Weichei, dann halt das: «Besser wäre es, die eingeschüchterten sieben würden sich nochmals aufraffen und selbst in Impfbussen durchs Land reisen. Ueli Maurer ist es dem Land schuldig, jetzt in den SVP-Hochburgen auf Impftour zu gehen.»
Vielleicht muss man hier darauf hinweisen, dass das keine Realsatire ist, sondern reale Zitate eines Politchefs am Rande des Nervenzusammenbruchs sind. Für eine Bundesrätin hat der Amok noch eine Sondermission vorgesehen: «Die St. Galler Ikone Karin Keller-Sutter hat genug Strahlkraft, um derweil in der Ostschweiz die Abwehr gegen die von Bern diktierte Impfung zu brechen.»
Da ballert einer mit Sprachgewalt aus dem geistigen Schützengraben: «Abwehr brechen, gefährlich, einschüchtern, Angst machen». Das gehört in eine Linie von verbalen Entgleisungen: «Zwingen, jeden erdenklichen Druck machen, rücksichtslose Trödler, Bürgerpflicht». Das Vokabular des Totalitarismus, das von Burg gern verwendet.
Da hat einer die Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaat nicht verstanden. Sicher gibt es auch unter den Manifestanten – wie in jeder Massenbewegung – vereinzelt Vollpfosten, Verwirrte und Verpeilte. Dass aber ein Kadermitglied eines Medienkonzerns, der täglich über eine Millionen Leser erreicht, dermassen und wiederholt berserkern darf, ist ein Skandal.
Wer mit solchem Vokabular die Stimmung weiter aufheizt, Spaltung vorantreibt, statt mässigend zu wirken, wer totalitärem Gedankengut anhängt, von Zwang faselt, Staatsbürger, die schlichtweg ihr Recht auf eigene Entscheidung legal in Anspruch nehmen, als rücksichtslose Trödler beschimpft, sie an ihre angebliche Bürgerpflicht erinnert, ist als Politchef nicht mehr tragbar.
So wäre das, wäre Tamedia ein Unternehmen mit Prinzipien und Anstand. So aber darf von Burg ungehemmt nachlegen, poltern, rempeln, keilen und mit seinen Hasskommentaren die Stimmung vergiften. Während seine Vorgesetzten, der Oberchefredaktor Arthur Rutishauser und der Big Boss von Tamedia Pietro Supino gesalbte Worte von Verantwortung, Qualität, Kontrollfunktion der vierten Gewalt salbadern.
Immer die zusätzliche Staatsmilliarde im Auge, gegen die ebenfalls ein erfolgreiches Referendum ergriffen wurde. Deshalb lassen sie ihren Politchef ungehemmt wüten; dahinter steckt die Angst, dass ein Referendum tatsächlich angenommen werden könnte. Bei Corona ist es den Zeitungsverlegern egal, bei der Subventionsmilliarde, die sie schon ins Trockene geschaukelt wähnten, ist es ihnen gar nicht egal.
Es gibt keinen Zwang in der Schweiz, daher kann man von Burg nicht dazu zwingen, es mit einer Beruhigungsspritze zu versuchen. Aber so viel Erregung ist wirklich ungesund. Schädlich. Hässlich und unanständig.
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