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Gastbeitrag

Die stagnierende Stadt austrocknen

St.Gallen weist ein «unschweizerisches» Beschäftigungswachstum auf: Das Staatswesen wächst, während dem die wertschöpfungsintensiven Unternehmensdienstleistungen rückläufig sind und die Gründungsdynamik unterdurchschnittlich bleibt. 

Remo Daguati am 18. Juli 2021

Die unzureichende Erreichbarkeit von St.Gallen ist ein Hauptgrund für diese Fehlentwicklung. Nun soll die St.Galler Stagnation mit Tempo-30-Zonen bewusst verstärkt werden.

Die Stadt St.Gallen ist nicht wirklich gesegnet mit kompetitiven Fahrzeiten, um Fachkräfte oder Besucher anzuziehen. Das S-Bahn-System hat man mit zusätzlichen Fernverkehrszügen verstümmelt, das Bussystem fährt nach Zufallsprinzip oder verpasst die meisten Direktanschlüsse. Die Schweiz endet nicht in Winterthur, wie oft kolportiert wird, sondern östlich vom Bürerstich, wo der Wahlkreis St.Gallen beginnt. Regionen wie Wil, das Toggenburg oder das Sarganserland profitieren vom Entwicklungssog aus Zürich, während dem St.Gallen zu langsame Fahrzeiten aufweist und abgeschnitten bleibt. St.Gallen ist bereits heute zu langsam für die Restschweiz. Stagniert. Wächst nicht. Und nun soll ausgerechnet diese erreichbarkeitsschwache Stadt St.Gallen mit Tempo 30 Zonen zusätzlich abgewertet werden.

umverkehR mit Städteinitiativen im Vormarsch

«umverkehR» wird mit einer destruktiven Verkehrspolitik nach der Sommerpause die Erreichbarkeit von St.Gallen über die Strasse weiter einschränken wollen. Lärmschutz wird als offizielle Begründung der Aktivisten angeführt, doch der blinde ideologische Hass auf den Autoverkehr ist der eigentliche Treiber. So sehen die links-radikalen Städteinitiativen über Jahre hinaus einen destruktiven Abbau der Strassenkapazitäten vor. Dabei wird nicht beachtet, dass der Rettungsanker der Ostschweiz bei der Gewinnung von Fachkräften nach wie vor die Strasse ist – sie erreicht mehr als doppelt so viele Talente wie der desaströse öffentliche Verkehr. Wirtschaftsentwicklung wird es in der Ostschweiz auf Jahrzehnte hinaus nur per Strasse geben.

Dumm auch: nicht nur Autos, sondern vor allem den strassengebundenen öffentlichen Verkehr auf den Hauptachsen werden die linken Weltverbesserer mit ihren irren Forderungen in der Stadt lahmlegen. Tempo 30 bremst nämlich alle Busse aus, welche ihre Taktzeiten künftig noch zielgerichteter verfehlen. Ausgebremst wird aber auch das Umland. Ausgerechnet dessen Bürger sollen eine auf Ineffizienz getrimmte Verkehrsinfrastruktur im sklerotischen St.Gallen mitberappen. Was aber zum Stirnerunzeln anregt: das Umland soll zudem den Erhalt und Ausbau zentraler städtischer Infrastrukturen (Bibliotheken, Museen, Sportstätten, Theater etc.) ausfinanzieren. Oft begründet, man müsse das darbende Regionalzentrum künstlich beatmen. Städtische Infrastrukturen notabene, welche das eigentlich im Koma liegende St.Gallen sich schon längst nicht mehr leisten sollte.

Links-grüne Fehlpolitik finanziell austrocknen

Seit Jahren generiert die Hauptstadt St.Gallen mit ihrer Stagnation kaum mehr volkswirtschaftliche Impulse für ihr Umland, wie dies Metropolitan- und Regionalzentren eigentlich tun sollten. Der Wert des Zentrums St.Gallen wird so drastisch abgeschrieben - Fliehkräfte verstärken sich. Die Negativspirale in der eigenen Entwicklung verändert auch das Milieu der St.Galler Bevölkerung. Weil vermögende Personen und die bürgerliche Mitte aufgrund der hohen Steuer- und Abgabenbelastung in Scharen ins Umland wegzogen, kippten die politischen Mehrheiten auf links-grün. Der hohe Leerwohnungsbestand zieht zudem schwächere Einkommensklassen nach, die von einem starken Staat profitieren. Und solange die Verwaltungsjobs rastlos anwachsen, werden auch die links-grünen Mehrheiten im Stadtparlament auf Dauer Bestand haben. Fehlende Entwicklung wird so zur politischen Absicherung der neuen Elite.

Transferzahlungen des Kantons sollen die Zeche der selbst verschuldeten Stagnation bezahlen. Kaum überraschend, dass das links-grün dominierte St.Gallen über vermeintliche Zentrumslasten schluchzt. Ein bürgerlicher Plan darf entsprechend nur noch etwas verfolgen: das Regionalzentrum St.Gallen muss ohne Skrupel auf Diät gesetzt werden. Das gelingt, wenn das Umland und der Kanton endlich beginnen, die Stadt über gezielten Mittelentzug zur Vernunft zu zähmen. Ich stehe bereit.

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Autor/in
Remo Daguati

Remo Daguati (*1975) betreut als unabhängiger Berater Standortförderungen sowie Arealentwicklungen im In- wie Ausland. Daneben wirkt er als Geschäftsführer des HEV Kanton und Stadt St.Gallen. Er ist zudem Mitglied (FDP) des Stadtparlaments St.Gallen.

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