Und das ist der wahre «Lord Bonifaz»: Christoph Kempter aus Au im Rheintal, der den Gin ins Leben gerufen hat und produziert.
Christoph Kempter aus Au ist ehemaliger Klosterschüler und «Appenzeller Käse»-CEO, Whiskysammler, Saunagänger, Waldarbeiter – und Gin-Erfinder: Der 49-Jährige hat seinen eigenen Gin auf den Markt gebracht, den «Bonifaz». Und mit ihm eine Kunstfigur: Lord Bonifaz.
Die Uhr an der Wand geht rückwärts. Kerzen brennen, Jazzmusik läuft. Auf dem Tisch liegen Bücher, an den Wänden hängen Bilder, eine Schwingerhose, ein Speer. Vor allem sticht da aber eins ins Auge: Ein Regal, in dem etwa 200 Whiskyflaschen stehen. Stilecht beleuchtet, systematisch geordnet. Designt hat das Regal der Sammler höchstpersönlich: Christoph Kempter.
Der Whiskykeller ist ihm der liebste Raum in seinem Haus in Au. Mit dem Sammeln begonnen hat er vor etwa 20 Jahren. «An einer Gastromesse habe ich einen Malt Whisky probiert – eine super Spirituose», erzählt er. «Ich sagte, dass ich eine Flasche kaufen würde und dachte, die kostet so 60 Franken.» Sie kostete 200 Franken. «24 Stunden lang habe ich mich über den Kauf aufgeregt. Und mich danach sechs Jahre lang darüber gefreut und davon getrunken.»
Dann wollte Kempter eine neue Flasche kaufen und stiess dabei auf ein Malt-Whisky-Geschäft in Chur. Dort, in einem schönen, alten Gewölbekeller, nahm es ihm schliesslich den Ärmel rein. Seither kauft er jedes Jahr ein paar neue Flaschen. Trotz aller Liebe zum Whisky, entschied er sich vor etwa zwei Jahren, einen eigenen Gin zu erfinden. «Whisky selbst herzustellen, würde viel zu lange dauern.»
Neun Monate getüftelt, 100 Liter produziert
Seit kurzem ist «Bonifaz» nun auf dem Markt. Die Hauptarbeit war das Tüfteln. Bis Christoph Kempter das ideale Rezept hatte, die ideale Mischung der Gewürze, dauerte es neun Monate. «So lange braucht es eben, bis etwas Schlaues entsteht. Wie bei den Menschen», sagt er. Gebrannt wird der Gin in der «Säntisblick Destillerie» in Niederbüren.
Gemeinsam mit Gin-Spezialist und Kollege Arthur Nägele hat Kempter immer wieder gepröbelt, bis das erste Destillat, 100 Liter, abfüllbereit war. Mit dem Vertrieb der 20cl- und 50cl-Flaschen hat Kempter online begonnen. «Ich bin aber im Gespräch mit verschiedensten Barbetreibern. Ziel ist, dass es
Und dass man ihn unweigerlich mit dem Klösterlichen verbindet, kommt nicht von Ungefähr. Aufgewachsen in Züberwangen bei Wil als Sohn eines Bankverwalters und einer Lehrerin, hat Kempter in der «Marienburg» in Rheineck/Thal das Gymnasium besucht und an der Stiftsschule Einsiedeln die Matura gemacht. Hinter den Klostermauern habe er manchmal schon gelitten, erzählt er. «Ich bin ein freiheitsliebender Mensch.»
Und so kletterte er mit einem Kollegen regelmässig über die Klostermauern, um ein paar Stunden frei zu sein – eine dreiviertelstündige, riskante Aktion, bei der er aber in den zwei Jahren nur eine Hose ans spitzige, schmideiserne Tor verlor. Kempter lacht. «Es war eine gute Zeit. Ich habe immer noch Kontakt mit damaligen Mitschülern, zum Beispiel mit Urban Federer, heute Abt im Kloster Einsiedeln.»
Nach der Matura absolvierte er an der ETH das Ingenieur-Agronom-Studium, arbeitete in Kanada auf einer Rasenproduktions-Farm, beim Bauernverband, beim Landverband in Rebstein als stellvertretender Geschäftsführer im Bereich der Gemüseauf- und verarbeitung und für Hilcona. Von 2006 bis 2012 war er Geschäftsführer von Appenzeller Käse, das Unternehmen verliess er schliesslich wegen «unterschiedlichen Auffassungen über die strategische Ausrichtung».
Es sei eine «sehr schöne, manchmal harte Zeit» gewesen, erzählt Kempter rückblickend. Und eine Zeit, in der er bei Appenzeller Käse einiges ins Rollen brachte. Er war es beispielsweise, der die Idee hatte, Uwe Ochsenknecht zu engagieren und die legendären Werbungen mit den Sennen zu realisieren. «Die ganze Umsetzung war dann natürlich der Verdienst eines grossen Teams. Es waren unzählige Menschen an der Kampagne beteiligt, ohne die hätte es nicht funktioniert.»
Kempter aber ist auch ein bisschen Schuld daran, dass Uwe Ochsenknecht gerne Alpenbitter trinkt: «Wir waren gemeinsam essen und tranken zum Schluss einen Alpenbitter. Ein paar Tage später rief mich Ochsenknecht an und sagte:
Wenn der Don rasch Feuer gibt
Es ist nicht die einzige Anekdote mit einer bekannten Person, die Kempter in seinem Repertoire hat. Vor 17 Jahren haben er und seine Frau Jaana im Postrevolutionären Kuba Don Alejandro Robaina Pereda kennengelernt, Tabakpflanzer und damals Chef der bekannten Premium-Zigarrenmarke Vegas Robaina. Nach wie vor ziert sein Gesicht das Logo der Marke.
Zu sehen ist es auch auf einem Erinnerungsfoto, das in Kempters Whiskykeller hängt – abgedrückt hat seine Frau in dem Moment, in dem ihm Senor Alejandro Robaina Pereda höchstpersönlich eine Zigarre anzündet. «Da bin ich heute noch ein bisschen stolz darauf, wirklich», sagt Kempter und lehnt sich in seinem Ledersessel zurück.
Der Rheintaler erzählt gerne Geschichten wie diese. Ruhig, und im Tempo und mit dem Selbstverständnis jener, die es sich gewohnt sind, dass andere ihnen zuhören. Wenn nötig, sagt Kempter, könne er aber durchaus resolut sein. Auch ungeduldig. Und extrem diszipliniert. So wie vor einigen Jahren, als er unverhofft gemeinsam mit dem Chef-Gepäckträger eine Wandergruppe auf den Kilimandscharo führen musste, weil der eigentliche Expeditionsleiter unterwegs krank geworden war. «Wenn nötig, kann ich zudem sehr initiativ sein», sagt der 49-Jährige, der heute in St. Gallen das Personaldienstleistungsunternehmen Sopac führt, welches auf die Vermittlung von Führungskräften, Spezialisten und Kadermitglieder spezialisiert ist.
Wenn er Zeit findet zwischen Büro und Brennerei, arbeitet er gerne auf seinem Waldstück in Zuzwil oder schwitzt in seiner Sauna. «Grundsätzlich denke ich, dass man Ideen auch umsetzen sollte, sie einfach nur zu haben, reicht nicht», sagt er dann. Mit dem «Bonifaz» habe er eine umgesetzt und sich einen grossen Traum erfüllt. Allerdings hätte er durchaus auch noch ein paar andere grosse Träume. Zum Beispiel eine Reise auf die Insel St. Helena im Südatlantik, wo man einst Napoleon hin verbannt hatte. «Weil es mich wahnsinnig fasziniert, wie durchmischt die Bewohner dort sind.»
Etwas näher, zumindest geographisch, läge ein anderer grosser Traum: Ein eigenes Mökki, ein Wochenendhaus, an einem See in Finnland. Bereits jetzt fährt er mit seiner Frau und seiner Tochter Satu jedes Jahr nach Finnland in ein solches Mökki. «Dort leben wir dann ganz einfach, ohne Strom und fliessend Wasser. Herrlich.» Kempters Frau ist Finnin, sie haben sich vor 20 Jahren an der Olma kennengelernt. Und sie hat ihm auch seinen finnischen Spitznamen gegeben, nach dem – natürlich – auch der Whiskykeller benannt ist: Hirvi, auf Deutsch «Elch».
Übrigens: Die Werbefigur Lord Bonifaz kann man in Aktion erleben - in diesem Videoclip.
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