Sie habe in ihrem kantonalen Amt bisher nur Frauen angestellt, denn sie sei Feministin: Das sagte die St.Galler Kantonsärztin Danuta Zemp in einem Zeitungsartikel. In den Reihen der St.Galler FDP hat das einen Vorstoss provoziert. Zwei Kantonsräte wollen es genauer wissen.
Kantonsärzte sind für Medien üblicherweise nicht der Nabel der Welt. Sie stehen im Fokus, wenn in ihrem Bereich etwas schiefgeht – oder wenn das Coronavirus unterwegs ist.
Die St.Galler Kantonsärztin Danuta Zemp, die auch das entsprechende kantonale Amt leitet, war am 15. Februar 2021 Gegenstand eines grossen Porträts im St.Galler Tagblatt. Das macht Sinn, inzwischen kennen viele St.Gallerinnen und St.Galler ihren Namen und ihr Gesicht. Denn sie spielt eine tragende Rolle bei den regelmässigen Medienkonferenzen der St.Galler Regierung rund um die Coronalage. Sie ist laut dem bewussten Artikel «die Tätschmeisterin».
Im Porträt erfährt man viel Persönliches. Danuta Zemp mag die Malediven, hatte mal einen gutartigen Tumor, war geschieden und hat «zwischen den beiden Coronawellen» wieder geheiratet. Und sie habe stets zu 100 Prozent gearbeitet und die Kinderbetreuung beispielsweise mit einer Nanny gelöst.
Denn: Zemp bezeichnet sich als Feministin. Und sie geht noch einen Schritt weiter. Im Artikel heisst es:
Als Feministin habe sie im Kantonsarztamt schliesslich nur Frauen angestellt. Denn noch immer hätten diese beruflich nicht die gleichen Chancen und müssten gleichzeitig mit der moralischen Last umgehen, Supermütter zu sein.
Den zweiten Satz könnten wohl viele Frauen unterschreiben und viele Männer grummelnd einräumen. Aber der erste lässt aufhorchen. Die Kantonsärztin stellt aus Prinzip nur Frauen an? Und das in einem Amt, das laut demselben Artikel in der Coronazeit von beschaulichen 10 Personen auf 140 förmlich explodiert ist?
Es stellen sich einige spontane Fragen. Werden die Stellen gleich nur für eine weibliche Besetzung ausgeschrieben? Oder kann sich jeder melden, allerdings werden nur Frauen zum Gespräch eingeladen? Oder können sich auch Männer vorstellen, die nicht ahnen, dass es sowieso nichts wird?
Fragen dieser und ähnlicher Art stellen sich auch die Kantonsratsmitglieder Jens Jäger (Vilters-Wangs) und Katrin Frick Buchs), beide aus der FDP-Fraktion. Sie haben eine Interpellation eingereicht mit dem Titel «Diskriminierende Personalpolitik im Kantonsarztamt?»
Darin weisen sie darauf hin, dass laut Bundesverfassung niemand diskriminiert werden darf, sei es aufgrund von Herkunft, Rasse, Alter, aber eben auch nicht des Geschlechts. Gerade bei der Einstellung von Personal sei diesen Vorgaben «ohne Einschränkungen Folge zu leisten.» Auch die St.Galler Regierung habe in der Antwort auf einen Vorstoss zum Bewerbungsprozess bei der kantonalen Verwaltung erklärt, sich gegen jede Form von Diskriminierung einzusetzen. Die Vorgesetzten seien sensibilisiert für das richtige Vorgehen bei Stellenbesetzungen.
Die Aussage von Kantonsärztin Danuta Zemp, sie habe nur Frauen angestellt, stehe im Widerspruch dazu, finden die beiden Kantonsratsmitglieder. Schlechte Karten haben sie mit diesem Vorwurf eigentlich nicht. Denn Danuta Zemp wollte mit ihren Worten wohl einfach signalisieren, dass sie konsequent Frauen fördert. Aber der Teufel steckt hier im Detail beziehungsweise in der Formulierung:
Hätte Zemp gesagt, sie habe bisher nur Frauen genommen, weil es sich dabei immer um die besten Bewerbungen gehandelt hat, könnte man da kaum viel beanstanden. Sie betont aber, dass sie es tut, weil sie Feministin sei – also aus Prinzip.
Jens Jäger und Katrin Frick wollen in ihrem Vorstoss von der St.Galler Regierung wissen, ob es üblich sei, «dass die politische Grundhaltung einer leitenden Angestellten Einfluss auf deren Personalpolitik hat» und ob diese politische Grundhaltung auch massgeblichen Einfluss auf andere Entscheidungen dieser Amtspersonen habe. Konkret wollen sie zudem in Erfahrung bringen, wie viele Personen die Kantonsärztin seit ihrem Amtsantritt eingestellt hat – vor und nach Corona – und wie die Geschlechterverteilung dort aussah. Diese wiederum möchten sie in Relation gesetzt haben zu den Bewerbungen für die entsprechende Stelle.
Schliesslich geht es ganz direkt auch um die Frage, ob ein Geschlecht im Kantonsarztamt oder in anderen Ämtern des Gesundheitsdepartements diskriminiert worden sei und ob die Regierung bereit sei, «im Falle der Feststellung von Diskriminierung die erforderlichen rechtlichen Konsequenzen zu ziehen.»
Das alles klingt nach einer arbeitsintensiven Beantwortung. Denn die Regierung beziehungsweise ihre Verwaltung muss nun wohl einige Dossiers in der Personalabteilung zücken, wenn sie die Fragen adäquat beantworten will.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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