Alles spricht von der Belebung der St.Galler Innenstadt. Stimmen die Gerüchte, wird der neueste Zuzug dazu kaum beitragen. An die Stelle der legendären Hecht-Apotheke an der Marktgasse soll eine Bank treten. Und zwar eine ohne Personal.
Nach 145 Jahren schloss die Hecht-Apotheke der Hausmann AG an der Marktgasse in St.Gallen ihre Pforten. Ein schwerer Einschnitt für die Innenstadt, die Traditionsmarke gehörte zum Stadtbild. Die Schliessung kam völlig unerwartet und praktisch von einem Tag auf den anderen. Was an ihrer Stelle in das Gebäude an der besten und teuersten Lage treten würde, blieb offen.
Die aktuelle Beschriftung der Schaufenster zeigt, dass zunächst ein Popup-Store hier sein Glück versuchen will. Solche Läden auf Zeit liegen im Trend. Sie können mit speziellen Aktionen und Produkten an prominentem Standort Absätze generieren, sind aber nicht auf einen längeren Verbleib angelegt.
Nun macht das - ziemlich gefestigte - Gerücht die Runde, dass in die Räume der ehemaligen Apotheke eine Bank einziehen wird. Das wäre neben der Regionalbank acrevis direkt am Marktplatz mit Sicherheit die zentralste Bankfiliale der Stadt. Nur: Zur Belebung wird sie kaum beitragen, jedenfalls nicht, was das Personal angeht.
Denn es soll sich um eine Art digitale Filiale handeln: Einen automatischen Schalter, wo man an Geräten seine Bankgeschäfte erledigen kann und allenfalls via Bildübertragung auf einem Screen mit einem Berater sprechen.
Welche Bank es sein wird, ist nicht bekannt. Wegfallen dürften die grossen Drei: UBS, CS und Raiffeisen sind heute schon an guter Lage im Stadtzentrum vertreten, ebenso wie erwähnt acrevis, aber auch die Migros Bank und die Bank Cler, die ehemalige Bank Coop. Und eine Privatbank buhlt kaum um das Standardkundengeschäft. Vielleicht versucht ein «Exot» aus dem nahen Ausland sein Glück in St.Gallen?
Erfahrungen mit einem solchen digitalen Schalter sammelt acrevis derzeit in Rapperswil. Sie hat dort Anfang Jahr ihren «Schalter der Zukunft» eröffnet. Man wird von einem Berater oder Beraterin auf einem Screen begrüsst und kann dann in separaten Besprechungszimmern eine Videoberatung erhalten. Selbst Vertragsabschlüsse sind möglich, die nötigen Dokumente werden vor Ort ausgedruckt.
Als Vorteil eines solchen Angebots wird die Flexibilität beworben: Innerhalb der - verlängerten - Öffnungszeiten kann man zu jedem Zeitpunkt einen Fachberater anfordern, der in der eher kleinen Filiale sonst kaum gerade vor Ort gewesen wäre. Der digitale Schalter eröffnet die Möglichkeit, auf einen grösseren Pool an Experten zuzugreifen.
Aus der Optik der Forderung nach einer Innenstadtbelebung in St.Gallen ist eine personallose Bankfiliale allerdings wohl eher kein Schritt nach vorn. Die Eigentümer der Hausmann AG haben bislang nicht auf eine Anfrage von «Die Ostschweiz» für nähere Auskünfte reagiert.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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