Die «Thurgauer Zeitung» und der Gemeinderat von Salmsach liegen sich in den Haaren. Der Streit wird via Medien ausgetragen. Nun soll die kleine Posse plötzlich als Beleg dafür dienen, dass die Medien zu Recht an die Subventionstöpfe wollen.
In aller Kürze läuft die Geschichte so: In Salmsach wird um den Lohn des Gemeindepräsidenten gestritten – und ganz allgemein ist Feuer im Dach. Die «Thurgauer Zeitung» (TZ) begleitet die Angelegenheit medial, aber offenbar nicht nach dem Geschmack des Gemeinderats. Dieser legt seine Sicht der Dinge im «Seeblick» dar, dem Mitteilungsblatt von Salmsach und Romanshorn. Dort beklagt sich die Behörde darüber, wie die TZ über die Vorgänge berichtet. Woraufhin das TZ sich in der aktuellen Ausgabe über diese Beschwerde beschwert.
Gemeindeoberhäupter sind selten zufrieden mit Zeitungen. Mal wird zu wenig über das aktive Leben im Dorf berichtet, mal wird berichtet, aber dann nicht im Sinn der Gemeinde. Das ist nichts Neues. Die Interessen der beiden Seiten sind grundverschieden, und natürlich sind private Medien nicht dazu da, die Kommunalpolitik zu stützen. Sie müssen schonungslos hinter die Kulissen blicken. Der Lohnstreit in Salmsach ist durchaus publikationswürdig.
In diesem Sinn wehrt sich die Redaktion der TZ in ihrem Artikel durchaus zu Recht dagegen, dass ihre Arbeit ohne konkrete Richtigstellung kritisiert wird, nur weil die Ergebnisse von Recherchen ein nicht sehr günstiges Licht auf eine Gemeinde werfen. Etwas seltsam mutet es aber an, wenn im selben Beitrag das Mediengesetz zur Sprache kommt, über das wir am 13. Februar abstimmen.
«Alle wollen unabhängige Medien, welche die vierte Gewalt im Staat verkörpern. Und niemand ist ernsthaft der Meinung, man könnte die freien Medien abschaffen und durch staatliche Publikationsorgane ersetzen», schreibt David Angst, Chefredaktor der Thurgauer Zeitung. Solche Dinge habe es «in Diktaturen wie der Sowjetunion, der DDR oder Nordkorea» gegeben. Und weiter: «Zu einer durch und durch demokratischen Gesellschaft gehört nach westlichem Empfinden unabhängiger, kritischer und unbequemer Journalismus. Soweit sind sich in der Theorie alle einig. In der Praxis sieht es oft anders aus.»
Das ist alles sicher völlig korrekt. Und die Gemeinde Salmsach täte gut daran, die Zeitung ihre Arbeit machen zu lassen und auf offene Kommunikation zu setzen. Aber was hat es mit Mediensubventionen zu tun? Diese sorgen im Gegenteil für eine Annäherung von Staat und Medien. Ob diese die Unabhängigkeit gefährden, hängt letztlich von der Arbeit des Einzelnen ab. Aber wie viele Kritiker des Mediengesetzes bereits bemerkt haben: Nur schon der Anschein einer Abhängigkeit der Medien vom Staat ist gefährlich.
Natürlich würde die «Thurgauer Zeitung» den Salmsacher Gemeinderat auch weiterhin kritisieren, wenn nach dem 13. Februar Steuergelder in Form von Subventionen fliessen würden. Denn das Geld kommt ja nicht aus Salmsach. Es kommt vom Bund. Da besteht also keine Gefahr. Es ist der Zeitung aber auch unbenommen (und sehr willkommen), wenn die Gemeindepolitik auch ohne Subventionen kritisch begleitet wird. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der konstruierte Zusammenhang ist zum einen abenteuerlich, zum anderen ein sehr durchsichtiger Versuch, eine Dorfposse als Abstimmungsargument zu missbrauchen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.