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Kolumne

Eine Hommage an die Hochwasserhose

Vom Kindergarten bis zur 6.Klasse habe ich gespürt, dass ich anders war, als die meisten Kinder auf dem Schulhausplatz. Ich habe ausgesehen wie ein Junge, war gross wie ein Turm und dünn wie eine Bohnenstange. Spargeltarzan haben sie mich genannt.

Tanja La Croix am 19. Mai 2021

Ich habe mir als eines der ersten Mädchen die Haare gefärbt, mit Strähnchen – Achtung, heute benutzt man das Trendwort «Highlights» –, die ausgesehen haben, wie der Rücken eines Zebras. Aber das lassen wir jetzt einmal so im Raum stehen, denn dieses Meisterwerk basierte auf den damaligen Trends aus den wahnsinnig lustigen Frisurenheftchen.

In der dritten Klasse, als die Mädchen damals lediglich die Puppen mit Röckchen kleideten, habe ich mich getraut, nach der Mittagspause mit einem mit Blumen bestickten Rock von Mama Wettach zur Schule zu gehen. Obschon dies nach nichts Aussergewöhnlichem klingt, war es zur damaligen Zeit ziemlich mutig. Doch trotz meines Enthusiasmus hatte ich zur Sicherheit unter meinem bodenlangen Rock die auf «Nummer-sicher-gehende» Hose angezogen. Die Mitschüler haben mich dann wortwörtlich gezwungen, die Hose, respektive den Rock, herunterzulassen und mich den damals noch sehr konservativen Ansichten über experimentierfreudiges Kleiden zu fügen.

Mit einer Körpergrösse von stolzen 178 Zentimetern im Alter von 12 Jahren waren mir schlichtweg alle Hosen viel zu kurz. Zur Information für die Stilsicheren unter euch: Es gab zu diesem Zeitpunkt noch keine 3/4-, 7/8-, 4/5-, 6/8-, 8/10-, 8/12-Hosen, Gino, Culott, Cropped Pants oder wie sie alle heissen. Stellt euch vor, ich wurde wegen solchen Lappalien des Öfteren heftig gemobbt. Das war einschneidend und hat mich geprägt.

Ich fing an, die Hosen in die Stiefel zu stecken, um die nicht vorhandene Länge zu tarnen. So konnte ich mich von den fiesen Sprüchen schützen. Upsi…Und wer hätte das gedacht, dass ich damit doch glatt einen neuen Trend entdeckte.

Diese Aktion zeigte mir, dass ich kein Opfer sein muss, sondern es selber in die Hand nehmen kann. Darum lernte ich sehr früh, mich den Hänseleien auf Grund meiner Körpergrösse, meiner Postur oder meiner gewagten Mode-Kreationen zu stellen und mir selber treu zu bleiben.

Du bist genug. Du bist richtig. Du bist liebenswert. Selbstakzeptanz beinhaltet, dass wir uns selbst so annehmen, wie wir sind. Sei du selbst, egal wie du aussiehst, woher du kommst, welche Kleidung du trägst, welchen Dialekt du sprichst oder wie deine Schuhbändel gebunden sind. Sie werden immer etwas finden, um von sich selber abzulenken, auch wenn dies lediglich eine Hochwasserhose ist. Du bist gut wie du bist, darum Ärmel hochkrempeln, Hose in die Boots stecken und weiter machen!

Wer kennt solche Situationen aus der Schulzeit und der Jugend? Der Wunsch, unbedingt dazu zu gehören ist völlig normal, aber das muss nicht um jeden Preis sein.

Schreib mir gerne deine Geschichten auf Instagram @tanjalacroix

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Autor/in
Tanja La Croix

Tanja La Croix (*1982) heisst Tanja Wettach und ist DJ, Produzentin, Content Creator, Event Manager und Brand Ambassador. Sie stammt aus St.Gallen.

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