An jeder Olma sind sie Publikumsmagnet schlechthin: das Säuli- oder Kuhrennen. Dennoch müssen sich die Verantwortlichen aus Tierschutzkreisen auch kritische Stimmen gefallen lassen. Wie hoch ist das Stresslevel bei den Tieren, die mitlaufen?
Welche Kuh so richtig «Bock» auf das legendäre Kuhrennen an der Olma hat, wird jeweils schnell ersichtlich. Anders als bei Pferden lassen sie sich nicht so schnell stressen. Und hetzen, nur um schneller ans Ziel zu kommen, lassen sie sich schon einmal gar nicht. So beliebt das Kuhrennen beim Publikum jedes Jahr auch ist – wie gross ist die Freude bei den Kühen, die dort mitlaufen, wirklich? «Das ist eine wichtige Frage», sagt der «Kuhflüsterer» Christian Manser.
Seit vielen Jahren gehört er zur Olma – sei es als Moderator oder als Ratgeber, wenn es um das Wohlergehen der Tiere geht. «Das Kuhrennen ist insofern interessant, als man schnell merkt, wenn es der Kuh nicht passt. Wer das Rennen schlussendlich gewinnt, entscheidet also nicht der Reiter oder die Reiterin, sondern das Tier selbst.»
Kurzer Sprint
Eine Kuh zum Rennen zu animieren, wenn sie keine Lust darauf habe, sei schlicht unmöglich. Dennoch wird ihr das Unterfangen so schmackhaft wie möglich gemacht.
Am Ziel wartet eine leckere Belohnung, und hat sich erst einmal eine Kuh in Bewegung gesetzt, ist die Chance gross, dass es ihr auch die anderen gleichtun. Richtig anstrengend ist der kurze Sprint für die Kuh nicht, auch das Gewicht des Reiters oder der Reiterin ist für sie gut verkraftbar. «Brünstige Kühe bespringen sich auch gegenseitig, und da ist das Gewicht um ein Vielfaches höher», sagt Manser weiter.
Bei den Reitern hingegen sind die Herausforderungen schon grösser. Die Kühe haben einen dickeren Bauch, als das bei Pferden der Fall ist. Wirklich bequem sitzen lässt sich auf ihnen nicht. Die Bewegungen sind zudem viel ruppiger, um beim Vergleich zwischen Kühen und Pferden zu bleiben. «Kühe starten meist schneller oder stoppen plötzlicher. Die Gefahr herunterzufallen ist deshalb grösser», so Manser weiter.
Wer gewinnt?
Dennoch wird im Vorfeld einige Male trainiert, damit sich Kühe und Reiter aneinander gewöhnen können. Erfahrene Tiere treffen dann auf jüngere, und so ist es gut möglich, dass sie sich gegenseitig zum Laufen animieren. Ob es klappt, ist und bleibt bei jedem Rennen eine Überraschung – und genau das kommt beim Publikum Jahr für Jahr offensichtlich gut an.
Kritik wird laut
Die Verantwortlichen müssen sich auch kritische Stimmen gefallen lassen. Sollen trächtige Kühe an der Olma gebären? Säuli gegeneinander antreten? Stiere und Kühe überhaupt an der Olma ausgestellt sein?
Fragen, die in der heutigen Zeit gestellt werden, und in der Vergangenheit auch den Tierschutz auf den Plan gerufen haben. «Unser oberstes Ziel ist und war immer das Tierwohl», fasst Manser zusammen. «Wir arbeiten nur mit gesunden Tieren, und ich wäre der Letzte, der den Tieren Schaden zufügen möchte.»
Mit gesundem Augenmass
Manser kennt die Betriebe, die Menschen dahinter und natürlich die Tiere. Deshalb stehe er voll und ganz hinter der Ausstellung.
Es gehe nicht, für eine Minderheit, welche die Ausstellung oder Rennen kritisieren, eine schöne Veranstaltung für die breite Öffentlichkeit gleich lahmzulegen. «Natürlich müssen auch kritische Stimmen ernst genommen werden. Heutzutage ist es aber für genau diese Minderheiten relativ einfach, sich Gehör zu verschaffen. Deshalb ist es wichtig, weiterhin ein gesundes Augenmass walten zu lassen.»
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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