Das Werk «Bienenflug» aus dem Jahr 2017.
Herbert Kopainig aus Diessenhofen ist seit 1975 als freischaffender Künstler tätig. Seither sind über 1000 Einzelarbeiten entstanden.
Herbert Kopainig, Sie sind seit 1975 als Künstler tätig. Was zeichnet Ihre Arbeiten aus? Was sind Ihre ganz persönlichen Eigenheiten?
Das «INSTITUT PANOPTIKUM wundersam» beherbergt 10 Areale Gesamtwerkschaffen mit über 1000 Einzelarbeiten. Es befindet sich seit 30 Jahren im Aufbau. Seit 1985 werden interdisziplinäre panoptische Wahrnehmungsszenarien, die sich in 10 thematische AREALE aufgliedern, zu einem Gesamtwerk-Panoptikum entwickelt.
Was muss man sich konkret darunter vorstellen?
Die 10 Areal-Szenarien sind begehbare, thematisch-interdisziplinäre Raumparcours mit geschlossenen Werkgruppen, die aus Werkzyklen, grossflächigen Malereien, Bildersequenzen, Performance-Bühnen, Animations-Puppen-Figuren-Tabula, Scriptum-Fragmenten, fotografischen Bearbeitungen (Prints), Filmanimationen und Videoprojektionen bestehen. Die einzelnen Werkgruppen werden bei Ausstellungen in Cuben, Wunderkammern und Blackboxen in variiertem Kontext präsentiert.
Welches sind die Grundlagen Ihres Schaffens?
Die Grundlagen meines Werkschaffens bilden von je her Lebensprozesse bzw. zeichnerische oder malerische thematische Bildreihen und Schöpfungs-Szenarien, Bildergeschichten und kritische Analysen. Erstmals erweiterte sich 1998 meine Arbeit in die plastische Dimension, als ich in Form einer beweglichen Figur, einen Protagonisten für kurze filmische Sequenzen erarbeitete. Eine 50 cm grosse Puppe, das alter Ego meiner eigenen Proportionen, die ich «Elias Wundersam» nannte und der ich einen schwarzen Filzhut aufsetzte. Im Jahre 2000 begann ich für einige Zeit, Animationsfilm und Performance mit Puppen vor Publikum zu veranstalten. Die einzelnen Charaktere meiner animierbaren Figuren sind Gestalten der «präzisen Fantasie», Archetypen des Seelischen. Während dieser Zeit wurde eine ganze Reihe sogenannter Podiumtabula, das sind Tischbühnen, mit entsprechend spielbaren Klein-Inszenierungen. geschaffen. Diese Bühnen sind zusätzlich mit Malereien, Scriptum und Requisiten ausgestattet und wurden im Kunstkontext später zu Blackbox-Parcour-Räumen mit Filmprojektionen weitergestaltet, die ich bei Ausstellungen als betretbare Environments zeige.
Wie stehen Sie persönlich zur Kunstförderung?
Der Start meiner künstlerischen Tätigkeit begann in den 70iger-Jahren ohne Unterstützung. Für mich war klar, dass eine saubere, künstlerische Entwicklung, die unabhängig bleiben möchte, damals unbedingt von einer Erwerbstätigkeit begleitet sein musste. Es gab damals noch wenige Kulturstiftungen, die Kunstprojekte förderten. Auch heute ist ein guter Nährboden bzw. Förderungsmittel eher wenigen Kunstschaffenden vorbehalten. Der jährliche Eintritt ins Freischaffen, einer Vielzahl akademisch ausgebildeter Kunstschaffender weltweit, ist enorm. Die verhältnismässig knappen, im Zuge von Einsparungen noch zur Verfügung stehenden Preise und Förderbeitrags-Massnahmen erhalten nur diejenigen Wenigen, welche die Fach-Jury-Wettbewerbs-Kriterien am Besten erfüllen. Von jeher erhält das Verfahren der Auslese der «Befähigsten», durch die von Experten des Fachgeschmacks vorgenommenen Selektion, überall nur Zustimmung...
Viele erleben den Kulturbetrieb mit gängiger Förderungspraxis, die sich inzwischen bis auf Teilnahme-Genehmigungen für Ausstellungen ausgeweitet hat, als Bevormundung und Eingriff in die künstlerische Freiheit, zumal auch die Auswahl der Experten nicht demokratisch erfolgt. Dass Auslese und kuratorische Willkür wie schon gehabt, in Gängelungs-, Zensur,- und Disiplinarmassnahmen abgleiten können, sollte man im Hinblick auf politische Willkür und kulturelle Freiheit, schon in Betracht ziehen.
Das Werk «Bienenflug» aus dem Jahr 2017.
«Bankgeheimnis» inszeniert eine begehbare Blackbox mit acht abspielbaren Audioboxen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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