George Orwell, ein bekennender Sozialist, sagte einst: «Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen!» Gerade in der aktuellen Krisensituation sollten wir uns dieses kluge Zitat in Erinnerung rufen.
Für eine direkte Demokratie wie die Schweiz ist es von grosser Bedeutung, dass die Meinungsfreiheit auch in schwierigen Zeiten hochgehalten wird – und, dass kontrovers über aktuelle Themen diskutiert werden kann.
Verschiedene Meinungen müssen angehört und breit diskutiert werden, ohne Abweichendes zu diskreditieren.
Ein Beispiel dafür ist das kritische Hinterfragen des Bundesrates durch die Bevölkerung und durch das nationale Parlament.
Gerade in der aktuellen Pandemiekrise ist dies besonders wichtig, denn die Landesregierung hat Beschlüsse von Kommissionen, Parlament und Kantonen ignoriert, bzw. umgangen.
Selbstverständlich ist es zu Beginn einer Krise richtig, dass eine Führungsequipe schnell und mit der notwendigen Entscheidungskompetenz agieren kann.
Dauert die Krise aber länger und werden die Standardprozesse wieder aktiviert, dann muss es möglich sein, über die Entscheidungskompetenzen zu diskutieren.
Es gibt meiner Meinung nach in der aktuellen COVID-19-Krise keinen Grund mehr, die gesamte Entscheidungskompetenz beim Bundesrat zu belassen. Viel wichtiger wäre es, dass er die Macht wieder mit dem Parlament und den Kantonen teilt und mit diesen vom Volk direkt legitimierten Institutionen gemeinsam nach Lösungen sucht, um die Normalität wieder herzustellen.
Nur gemeinsam können sinnvolle Öffnungsstrategien, die uns aus dieser Krise führen, entwickelt werden.
Beansprucht die Landesregierung weiterhin die absolute Kontrolle über das Coronadossier, dann soll das Parlament seine Verantwortung wahrnehmen und über angemessene Massnahmen diskutieren.
Dazu könnte auch die Einführung eines Misstrauensvotums einen Beitrag leisten, mit dem die in der Bundesverfassung verankerte Oberaufsicht des Parlaments gegenüber dem Bundesrat gewährleistet würde. Das Parlament wählt den Bundesrat – weshalb sollte das Parlament also nicht auch während einer Legislatur unter gewissen Voraussetzungen korrigierend einwirken können?
Was hat dies alles mit dem Zitat von George Orwell zu tun? Leider habe ich als Reaktion auf diese Forderung in den letzten Wochen sehr viel Hassmails und despektierliche Nachrichten erhalten. Es geht mir überhaupt nicht darum, dass ich nicht auch Gegenargumente akzeptieren würde. Ich bedaure aber, dass während dieser Coronakrise offenbar ein Teil unserer Gesellschaft den Respekt gegenüber dem demokratischen Dialog verloren hat, und nicht mehr bereit ist, auch über solche Themen sachlich zu diskutieren.
Mike Egger (*1992) ist SVP-Nationalrat. Er wohnt in Berneck und arbeitet bei der Fleischverarbeiterin Micarna AG in Bazenheid.
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