Gelungenes Design: München 1972
Die Faszination für die Olympischen Spiele hat Markus Osterwalder ein Leben lang begleitet. Er hat eine umfangreiche Sammlung angelegt und aus seinem Buch «Olympic Games – The Design» ist ein Nachschlagewerk für Grafiker und Designer rund um den Globus geworden.
Markus Osterwalder aus Herisau ist gelernter Grafiker und kehrt nach 30 Jahren mit einem Fachreferat an seine Ausbildungsstätte – die Schule für Gestaltung St.Gallen – zurück. Sein damaliges Abschlussthema hat ihn die ganze Zeit über weiterbeschäftigt: Olympisches Design. «Das Thema ist in den letzten drei Jahrzehnten natürlich immer grösser geworden», sagt der 57-jährige Appenzeller. Klar, finden doch alle zwei Jahre neue olympische Sommer- oder Winterspiele statt. Spiele, die von A bis Z durchdesignt seien, sagt Osterwalder und meint damit, dass nicht nur Logo und Maskottchen gestalten werden müssen. «Alles, aber wirklich alles an Olympischen Spielen wird neugestaltet», erklärt er. «Farbkonzepte, Piktogramme, Uniformen der Helfer und ganz besonders: The Look of the Games – alles ist bis ins letzte Detail designtechnisch durchdacht.»
Nachschlagwerk für die Fachwelt
Mit einem zweibändigen, 6.5 kiloschweren und 2019 erschienen Buch («Olympic Games – The Design», 1600 Seiten) hat Osterwalder ein Nachschlagewerk auf den Markt gebracht, das den Olympischen Designs seit den ersten Spielen der Neuzeit (Athen, 1896) auf den Grund geht. Sein Buch findet unter Fachleuten weltweite Beachtung, denn: «Es ist ein Buch für Spezialisten und nicht unbedingt für die Allgemeinheit», meint Osterwalder. Grafiker und Designer weltweit konsultieren heute sein auf Englisch verfasstes Sammelwerk, weil: «Neues
entsteht, basierend aus den Erfahrungen vergangenen Olympischer Spiele. Heute kann man in meinem Buch nachschauen und aus den vergangenen Fehlern lernen.» Das Buch wird laufend mit den Designs der kommenden Spiele aktualisiert. «Bis 2000 Seiten», lacht Osterwalder. «Danach ist fertig, weil das Buch dann nicht mehr gebunden werden kann.»
Gutes und unglückliches Design
Besonders gelungen findet er das Design von München 1972: «In den 1960er Jahren gab es designtechnisch einen riesigen Schritt vorwärts: München 72 – das ist Corporate Design in Perfektion», findet er. Seitdem sei das Designkonzept mal besser mal schlechter geworden. Gut gefallen ihm zum Beispiel auch Mexico 1968, Lillehammer 1994 und Athen 2004. Und weniger geglückt findet er London 2012. «Misslungen ist das Design nicht», relativiert er, «aber für mich war es einfach zu beliebig. Das Design hatte nichts mit der britischen Kultur zu tun und hätte für jede andere Stadt auf der Welt ebenfalls funktioniert. Das war eine verpasste Chance.» Olympische Spiele seien die Gelegenheit, ein Land ins Scheinwerferlicht zu rücken. «Es braucht eine klare Botschaft: Design soll die Stärken, die Kultur und das Lebensgefühl eines Landes widerspiegeln. All das kann man mit Grafik und Design ausdrücken», erklärt er, der sich auch als Olympischer Historiker versteht. Doch wie kam es überhaupt zu dieser olympischen Leidenschaft?
Osterwalders olympischer Traum
Osterwalder holt aus: «Ich bin in Ecuador geboren und aufgewachsen. Mein Sport war Spring- und Dressurreiten, und später Tennis und Skifahren.» Sieben Jahre lang sei er tagtäglich auf dem Pferd gesessen und habe nur für den Sport gelebt. «Doch leider war ich damals für die Olympischen Spiele noch zu jung, aber die Faszination und der Traum, selbst an den Olympischen Spiele dabei zu sein, ist geblieben.» 1983 ist die Familie in die Schweiz zurückgekehrt und seit 1994 hat er (ausser Tokio 2020 wegen Corona) alle Spiele persönlich besucht: «Mich interessiert nicht nur der Sport, sondern auch die grafische Umsetzung der Spiele.» Osterwalder dokumentiert die Spiele fotografisch und sammelt auch sonst alles, was mit Olympia zu tun hat. Mittlerweile ist seine Sammlung auf über 70'000 Objekte angewachsen. Neben Dokumenten und Fotografien findet man bei ihm auch Sportgeräte wie Velos, Schlitten oder Ruderboote, aber auch Uniformen und Sportbekleidungen der Schweizer Olympiamannschaft. Alles ist fein säuberlich katalogisiert, damit man die Exponate schnell wieder findet. Sein Traum sei, die Exponate irgendwann mal in einem Museum in der Ostschweiz ausstellen zu können.
Übrigens: Das weltbekannte Logo – die fünf Olympischen Ringe in den fünf Grundfarben aller Fahnen dieser Welt, die die fünf Kontinente symbolisieren – steht erst seit 1913 als unverkennbares Erkennungszeichen der Olympischen Spiele. Seitdem hat sich das Symbol in seiner Grundidee nicht mehr gross verändert und zählt heute zu den stärksten Brands der Welt.
Markus Osterwalder öffentliches Referat «Olympic Design» findet am 26. Oktober um 19 Uhr in der Aula der Schule für Gestaltung statt. Anmeldung erforderlich. Eintritt 20 Franken (Alumni und Schüler der SfG gratis).
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.