Die Wicon AG und Flawa spannen zusammen. Das Geschäft rund um die Maskenherstellung wird intensiviert. Welche Herausforderungen damit verbunden waren, erklären Markus Nägeli, CEO der Wicon AG, und Claude Rieser, CEO der Flawa Consumer GmbH, im Interview.
Wie kam die Zusammenarbeit zwischen der Flawa Consumer GmbH und der Wicon AG zustande?
Markus Nägeli: Claude Rieser, CEO der Flawa Consumer Gmbh, suchte eine Firma in der Region, welche hoch flexibel ist und Kompetenzen in der Entwicklung von Maschinen hat. Er rief mich an und fragte, ob die Wicon AG in Andwil in der Lage sei, innerhalb von vier Wochen die bestehende Maschine für die Produktion der Flawa-Universalschutzmasken zu kopieren und zu bauen. Am darauffolgenden Tag - nach Besichtigung der bestehenden Maschine - haben wir zugesagt. Für uns war es klar, dass auch wir unseren Beitrag am übergeordneten Projekt der Maskenherstellung leisten wollten und entsprechend «regional-nachbarschaftliche» Unterstützung bieten. Für mich ist es ein absolutes Highlight, dass zwei starke Ostschweizer KMU eine solche Erfolgs-Story zusammen schreiben konnten.
Wie sieht die Zusammenarbeit effektiv aus?
Markus Nägeli: Was Flawa uns als Vorlage für die Herstellung der Maschine gegeben hat, verdient höchsten Respekt. Das Unternehmen hat mit ihrem bestehenden Know-how innerhalb kürzester Zeit einerseits die Universalschutzmaske und anderseits auch den dazugehörigen Fertigungsprozess designt. Dies mit bestehenden Komponenten aus ihren Lagerbeständen und einer «ausser-Betrieb-gesetzten Maschine», die zu einer beachtlich gut funktionierenden Anlage umfunktioniert wurde. Unsere Aufgabe bestand darin, die Schritte der Maskenherstellung zu einer prozesssicheren Produktionsanlage weiter zu entwickeln und diese herzustellen. Nach klaren Vorgaben haben wir zwei Wochen Entwicklungsarbeit geleistet, um dann mit der Produktion der Maschine zu starten. Es war ein intensiver Prozess zwischen den Entwicklungsingenieuren von Wicon und Flawa mit regelmässigen Projekt-Meetings, um den Informationsfluss sicherzustellen.
Worin lagen die Herausforderungen bei diesem «Zusammenschluss»?
Markus Nägeli: Die grosse Herausforderung für Wicon war das kurze Zeitfenster für die Umsetzung des Projekts. Üblicherweise dauern Entwicklung und Fertigung einer solchen Maschine ein paar Monate. Unser Team hat vom ersten Tag an jeweils bis tief in die Nacht und am Wochenende durchgearbeitet, um den Auftrag in knapp vier Wochen umzusetzen und die neue Maschine Flawa betriebsbereit zu übergeben. Dies ist uns nur gelungen, weil die Wicon AG Maschinen-Entwicklung (Engineering), Einzelteile-Fertigung, Montage der Baugruppen und Montage der gesamten Maschine unter einem Dach vereint.
Seit rund einem Monat sind die Schutzmasken der Flawa erhältlich. Wie hat sich die Herstellung seither entwickelt? Ist die Nachfrage immer noch so gross?
Claude Rieser: Die Flawa Consumer GmbH konnte die Produktionsmengen von anfänglich 70‘000 Stück pro Woche auf rund 200'000 steigern und dies auf einem stabilen Niveau halten. Mit der zusätzlichen Maschine von Wicon sind wir nun bei rund 400'000 Masken wöchentlich. Die Nachfrage aus der Schweiz hat sich von Privatpersonen mehr auf Unternehmen verschoben, ist aber nach wie vor sehr hoch. Zusätzlich ist die Nachfrage nach unseren Universalschutzmasken aus dem Ausland deutlich angestiegen. Bis heute sind solche Aufträge jedoch abgelehnt worden. Wir halten daran fest, dass in erster Linie die Versorgung in der Schweiz abgedeckt werden soll. In einem zweiten Schritt werden wir selbstverständlich auch gerne die Aufträge aus dem Ausland entgegennehmen und ausführen.
Wie sieht es im Hinblick auf die zweite, professionelle Herstellungsmaschine aus?
Markus Nägeli: Der Zeitdruck zwang unsere Ingenieure und Baugruppen, möglichst wenige, neue und multifunktionale Komponenten zu entwickeln, um den Fertigungs- und Montageaufwand so gering wie möglich zu halten. Zudem mussten wir uns auf sofort verfügbare Handelskomponenten beschränken, da in der aktuellen COVID19-Situation die Herstellung komplett neuer Teile seitens unserer Partner viel zu lange gedauert hätte. Wir konnten jedoch teilweise auf Halbfabrikate aus unserm Lager zurückgreifen, was den Herstellungsprozess beachtlich beschleunigte.
Wie wird die Zusammenarbeit der Flawa und Wicon in den nächsten Monaten aussehen?
Markus Nägeli: Wir werden in den folgenden Wochen die Produktion der Universalschutzmasken bei Flawa beobachten und - falls nötig - Optimierungen anbringen. Sollte die Nachfrage nach Universalschutzmasken weiterhin steigen, wird Wicon die Maschine weiterentwickeln, um die Produktionskapazität zu erhöhen. Es besteht auch die Möglichkeit, weitere Maschinen zu produzieren und zu montieren. Wicon hat bewiesen, die nötige Flexibilität zu haben, um ein solches Projekt in wenigen Wochen realisieren zu können.
Mit einer Impfung wird in den nächsten Monaten gerechnet. Welche Auswirkungen wird ein Impfstoff auf Ihre Produktion haben?
Claude Rieser: Eine Impfung wird auf jeden Fall eine Reduktion der Nachfrage jeglicher Art von Schutzmasken zur Folge haben. Wir müssen uns jedoch alle bewusst sein, dass die Produktion dieses Medikaments und die darauffolgende Impfung der Bevölkerung eine ziemlich lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Während dieser Zeit ist es wichtig, weiterhin die Schutzmassnahmen des BAG zu befolgen und sich und andere zusätzlich zu schützen.
Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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