Autor/in
Nicole Schmidt
Nicole Schmidt ist Konsulentin bei Nellen & Partner in Zürich.
Nicole Schmidt ist Konsulentin bei Nellen & Partner in Zürich.
Corona hat die international stark vernetzte Schweizer Wirtschaft hart getroffen. Im Zuge der Pandemie haben viele schweizerische Unternehmen Kurzarbeit angemeldet.
Bild: zVg.
Während der Kurzarbeit werden keine neuen Mitarbeiter eingestellt. Daher gab es in manchen Tätigkeitsfeldern im zweiten Quartal 2020 wenige Vakanzen. Nach Ende der Sommerferien beginnt sich der Arbeitsmarkt im dritten Quartal wieder leicht zu erholen.
Während der Pandemie liegen einige Digitalisierungsprojekte auf Eis, andere gewinnen stärker an Bedeutung. Die Einführung von E-Signaturen gehört zu den Projekten, die Unternehmen wegen COVID-19 verstärkt vorantreiben. Als Konsequenz der Krise ist zu erwarten, dass viele Unternehmen ihre Transformationsprozesse beschleunigen, um die Produktion weiter zu automatisieren und zu digitalisieren. Dafür benötigen sie Spezialisten für IT und Projektmanagement und bauen teilweise Arbeitsplätze mit Routineaufgaben ab, die durch effizientere Prozesse und automatisierte Abläufe entbehrlich werden.
Mitarbeiter im Finanzbereich waren und sind durch COVID-19 unterschiedlich betroffen. Bestimmte Positionen sind kontinuierlich gefragt, dazu zählen Spezialisten für Treasury, Controlling und Risikomanagement.
Treasurer für das erfolgreiche Cash Management
Das Fachwissen der Treasurer zur Steuerung der Liquidität, also das Cash Management, ist in der Krise besonders gefragt, da sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtern. In der DACH-Region stieg die Nachfrage nach Spezialisten für Treasury im ersten Halbjahr 2020 gegenüber den Vorjahren an.
Im Corporate Treasury lässt sich zudem ein Generationenwechsel beobachten. Statt nur auf klassische Bankerfahrung zu setzen, fragen die Unternehmen verstärkt nach Treasurern mit IT-Hintergrund und Erfahrung mit Projekten der digitalen Transformation. Häufig gesucht werden Mitarbeiter mit Kenntnissen der Treasury-Prozesse, die zugleich Spezialisten für das Treasury Management System (TMS) sind und Erfahrung in der Ressourcenplanung mit ERP-Systemen haben. Auch Experten für Big Data und Blockchain sind gefragt.
Durch die Arbeit im Homeoffice der letzten Monate wurde zudem deutlich, wie wichtig die Kommunikation an Schnittstellen und der Blick für übergreifende Prozesse geworden ist. Sind Finanzspezialisten erfahren darin erfolgreich mit Banken zu verhandeln, bringen sie einen weiteren Pluspunkt für das Liquiditätsmanagement in schwierigen Zeiten mit.
Vom Zahlenlieferanten zum Berater auf Augenhöhe: der digitale Controller
Gleichfalls gesucht werden Controller, die versiert mit neuen Geschäftsmodellen sowie Big Data und Business Analytics umgehen können – auch in agilen Strukturen. Dabei managt der digitale Controller die Schnittstelle zwischen traditionellen und digitalen Geschäftsmodellen, um die nötige Steigerung der Effizienz im Finanzbereich voranzubringen. Er analysiert und bewertet die wirtschaftliche Auswirkung der Implementierung digitaler Technologien.
Den Wettlauf von Mensch und Maschine würde der Mensch verlieren. Eine KI-gesteuerte Software kann eindeutig besser Millionen von strukturierten und unstrukturierten Datensätzen in kurzer Zeit analysieren. Der Controller wird dennoch nicht überflüssig, aber seine Aufgaben neu definiert. Entscheidungen trifft weiterhin der Mensch mit seinen sozialen Fähigkeiten, dem Verständnis für Kontext und der Eignung, Probleme zu lösen. Beratung, geschäftsorientierte Analysen und die Untersuchung von Fällen, die vom Standard abweichen, stehen dabei im Fokus.
Aus einer Kultur der Planung und Kontrolle wird eine zukunftsgerichtete Steuerung, die viel Eigeninitiative verlangt. Auch kommunikative Kompetenz wird immer wichtiger, da statt Silodenken heute die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit im Vordergrund steht.
Der digitale Controller versteht die IT-Architektur des Unternehmens und kann den Nutzen neuer Technologien einschätzen. Damit begleitet er Projekte der Digitalisierung und überwacht deren Budget.
Komplexe Aufgaben für Spezialisten mit Teamgeist
Ohne ein vertieftes technisches Verständnis rund um Statistik, KI und Programmierung geht es im Controlling kaum noch. Der digitale Controller benötigt Kenntnisse aus Data Science, Predictive Forecasting, IT-Management und der Entwicklung einer neuen Leistungskultur. Er kennt und berücksichtigt die aktuellen Rahmenbedingungen von Datenschutz und Compliance.
Da kaum ein Kandidat alle Themen abdeckt und zugleich über ein hohes klassisches Fachwissen verfügt, liegt es an den Unternehmen, sich gute Teams aus Spezialisten zusammenzusetzen. Die Teammitglieder haben idealerweise mindestens ein Grundverständnis aller Themen, um sich sinnvoll austauschen zu können.
Neben Spezialisten für Treasury und das digitale Controlling sind Risikomanager derzeit besonders gefragt. Ihre komplexen Aufgaben bei der Identifizierung, Bewertung, Kommunikation und Steuerung von Risiken erfordern ein breites Spektrum an Fähigkeiten. Dazu zählen ein exzellentes Finanzwissen, aber auch analytisches Können und Kommunikationskompetenz, um wichtige interne und externe Beziehungen zu pflegen. Zusätzliche Aufgaben sind Nachhaltigkeitsrisiken, Ad-hoc-Meldungen, das Business Continuity Management und das Management von Outsourcing-Massnahmen.
Die Auswirkung der Pandemie auf den Arbeitsmarkt für Finanzfachkräfte unterstreicht, wie wichtig das lebenslange Lernen ist. Zeigen sich Finanzspezialisten flexibel und sind immer wieder bereit, neue Kompetenzen zu erwerben, bangen sie selbst in schwierigen Zeiten weniger schnell um ihren Arbeitsplatz.
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