Gemessen an der Zahl der Einwohner ist der Flawiler Gemeindepräsident Elmar Metzger das bestverdienende kommunale Oberhaupt der Schweiz. Das hat auch mit einer St.Galler Eigenheit zu tun: Hier gibt es nicht nur mehr Geld als anderswo - sondern auch mehr Macht.
Früher lagen die Gehälter der Gemeindebehörden im Dunkeln, inzwischen müssen sie offen gelegt werden. Und periodisch berechnet deshalb die eine oder andere Zeitung, wer denn wie viel bekommt. Das tut nun aktuell der «Blick».
Er wirft dabei einen Blick auf Gemeinden ab 10'000 Einwohnern. Und liefert nicht nur die nackte Summe, sondern rechnet diese herunter auf die Zahl der Einwohner. Diese Messmethode ist natürlich relativ, die Herausforderungen in einer Gemeinde hängen nicht allein von ihrer Grösse ab. Dennoch ist es ein Vergleichswert.
Demnach kassiert der Flawiler Gemeindepräsident Beat Metzger insgesamt rund 216'000 Franken ordentlichen Lohn, das enspricht 20.50 Franken pro Einwohner. Dazu kommen 10'000 Franken Zulagen. Auf Platz 3 liegt der Weinfelder Stadtpräsident Max Vögeli mit 18.60 pro Einwohner. Würde man Gemeinden unter der Grenze von 10'000 nehmen, hätte die Ostschweiz auch beste Chancen, das Ranking anzuführen. Das haben schon frühere Auswertungen ergeben, wo eine Gemeinde auch mal auf 35 Franken kam, die pro Kopf in den Lohn des Gemeindepräsidenten fliessen.
Die Zeitung räumt der Ostschweiz denn auch besonders viel Platz ein und verweist darauf, dass auch in Altstätten, Romanshorn, Buchs und Uzwil der Gemeinde- oder Stadtpräsident mehr als 16 Franken pro Kopf erhält. Was auch damit zu tun hat, dass in den genannten Fällen alle Vollzeit arbeiten. Gerade im Kanton St.Gallen hat das durchaus Kultur, mit Ausnahme der sehr kleinen Gemeinden.
Warum aber benötigt eine Gemeinde von sagen wir 7000 Einwohnern im Kanton St.Gallen ein vollamtliches Gemeindeoberhaupt (mit einem Vollamtslohn), während beispielsweise in der Zentralschweiz oder im Kanton Bern auch in diesen Dimensionen oft ein Teilamt reicht? Ganz einfach, weil in St.Gallen zu den «Regierungsaufgaben» öfter als anderswo auch die Führung der Verwaltung kommt. Dies, während andere Kommunen den Gemeinderat - inklusive dessen Präsidenten - als strategisches Organ sehen und die operative Führung an Personen direkt in der Verwaltung delegiert hat.
Wir haben diese St.Galler Eigenheit, die zu einem demokratischen Machtgefälle führt, bereits früher in einem Artikel thematisiert.
Die Frage ist nun, wer unterm Strich besser fährt, aus Sicht der Bevölkerung. Würde das St.Galler Modell dazu führen, dass eine Führungsebene unter dem Gemeindepräsidenten quasi ausgelassen werden kann, weil dieser in allen Bereichen die oberste Verantwortung hat, wäre es finanziell für den Steuerzahler vielleicht sogar lukrativ. Die Erfahrung zeigt aber, dass das nicht geschieht. Auch Gemeinden mit einem vollamtlichen, sehr gut bezahlten Gemeindepräsidenten leisten sich Bereichsleiter, Amtsleiter und so weiter im Mass anderer Gemeinden - und viele davon nicht mal wesentlich schlechter bezahlt als der Chef.
Die 269'000 Franken (plus 21'000 Zulagen) des St.Galler Stadtpräsidenten Thomas Scheitlin nehmen sich schon fast bescheiden aus, wenn man sie mit kleineren Gemeinden vergleicht. Der Professionalisierungsgrad und damit auch die Gesamtkosten der Verwaltung sind in der Hauptstadt natürlich viel höher. Aber dass der Stadtpräsident umgerechnet knapp 3.40 Franken pro Einwohner kostet, sechs Mal weniger als eine ländliche Gemeinde mit rund 10'000 Menschen, spricht doch Bände. Es sei denn eben, der gutbezahlte Gemeindepräsident mache im Alleingang teure Verwaltungsstellen überflüssig.
Was in den wenigsten Fällen so sein dürfte.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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