Eine katholische Zeitschrift will ein Interview mit dem TV-Mann Kurt Aeschbacher nicht bringen, weil er homosexuell ist. Bisher hat wohl kaum jemand das Blättchen gekannt. Nicht mal in der Ostschweiz - dabei wird es hier herausgegeben.
Update 21.6.20
Stellungnahme zur Herausgeberschaft
Das Schweizerische Katholische Sonntagsblatt wurde von Josef Schmid (sel.) betreut und herausgegeben. Nach seinem Tod gingen schlussendlich 2019 die Verlagsrechte der Zeitschrift an den Verein Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt, der sie seither herausgibt und für den Inhalt verantwortlich zeichnet.
Der Herausgeber der Zeitschrift St. Josephsblatt ist die Stiftung Studienheim St. Joseph - mittlerweile seit rund 100 Jahren. Die Schmid-Fehr AG hatte und hat keine Verlags- oder Herausgeberfunktion zu dieser Zeitschrift.
Die Schmid-Fehr AG ist u.a. ein Full-Service-Anbieter im Zeitschriftenbereich. Sie bietet die gesamte Palette von Adressverwaltung, Layout, Inseratverwaltung, Druck bis zum Versand an. Zu ihren Kunden gehören neben anderen Zeitschriften auch die beiden oben erwähnten.
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Die Welt der kirchlichen Medien ist eine ganz eigene. Es gibt Zeitungen, Zeitschriften und sogar Fernsehsender für ein Nischenpublikum. Man stolpert vielleicht über sie, wenn man Satellitenempfang hat und sehr, sehr weit nach hinten zappt. gloria.tv ist einer oder auch bonifatius.tv.
Auf letzterem war vor einiger Zeit eine Melanie Host zu Gast als Interviewpartnerin. Host ist Chefredaktorin des «Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt», das alle zwei Wochen erscheint. Dort berichtete sie stolz davon, dass ihre Zeitschrift in ganzen deutschsprachigen Raum erscheine. Dies allerdings wohl eher dünn gesät: Die Leserzahl wird mit 3651 angegeben. Dafür kann man entsprechend günstig inserieren.
Nun aber kennt man das Sonntagsblatt plötzlich schweizweit. Und zwar aufgrund eines Artikels, der gar nicht erst erschienen ist. Ein freier Journalist hatte den Schweizer TV-Moderator Kurt Aeschbacher interviewt, das Ergebnis sollte im SKS, wie die Zeitung verkürzt heisst, erscheinen. Dann aber machte die Chefredaktorin einen Rückzieher. Laut diversen Medienberichten teilte sie dem Journalisten mit, die Redaktion empfinde das Interview als «ungeeignet». Dafür suchte Melanie Host noch nicht einmal einen billigen Vorwand, sondern schrieb, das Problem sei die «sexuelle Orientierung» von Aeschbacher, der homosexuell ist. Das könnte für einige Leser «verstörend wirken». Man befürchtete einen Abonnentenverlust.
Nun ist es natürlich die Freiheit jedes Mediums, sich seine Interviewpartner auszusuchen. Im vorliegenden Fall scheint aber die Publikation zunächst vorgesehen gewesen zu sein, und laut Kurt Aeschbacher war weder seine sexuelle Orientierung noch Sexualität ganz allgemein ein Thema im Interview. Es war also ein Rückzieher im Nachhinein, was nicht besonders elegant ist.
Aeschbacher war nicht amüsiert und will nun den Presserat anrufen, weil er die Sache als diskriminierend empfindet. Die SKS-Redaktion ist zurückgekrebst und will laut dem «Tages-Anzeiger» das Interview nun doch bringen, und zwar «selbstverständlich». Der ganze Wirbel sei nur auf redaktionsinterne Missverständnisse zurückzuführen.
Die Mini-Affäre ist eigentlich eine ostschweizerische Angelegenheit. Denn das Schweizerische Katholische Sonntagsblatt wird in Goldach herausgegeben. Verlag ist die Schmid-Fehr AG. Dort geht man nicht besonders offensiv mit dem Traditionstitel um, auf der Firmenwebseite wird nirgends festgehalten, dass man nicht nur für Dritte druckt, sondern eben auch selbst eine Zeitung verlegt.
Augenscheinlich wird der Zusammenhang aber beim Webauftritt, der für Schmid-Fehr und das SKS gleich aufgebaut ist. Dasselbe gilt übrigens auch für das «St.Josephsblatt», eine kirchliche Monatszeitschrift mit über 10'000 Abonnenten. Auch dieser Verlag ist an der Hauptstrasse 20 in Goldach angesiedelt, dem Firmensitz der Schmid-Fehr AG.
Zufall ist das alles nicht: Der Gründer des Unternehmens, der 2017 verstorbene Josef Schmid-Fehr, hat sehr früh auf die Publikation katholischer Medien gesetzt, was in der Blütezeit der Katholiken vermutlich ein gutes Geschäft war. Schmid-Fehr betreute das Schweizerische Katholische Sonntagsblatt offenbar über viele Jahre gleich selbst.
Matthias Schmid von der Schmid-Fehr AG hält in einer Reaktion fest: «Die Zeitung «Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt» ist KEIN Verlagsprodukt der Schmid-Fehr AG. Verleger und Herausgeber ist der «Verein Schweiz. Kath. Sonntagsblatt». Die Schmid-Fehr AG ist lediglich der Produzent (Layout/Druck).» Allerdings is auf der SKS-Webseite in der Mediendokumentation die Schmid-Fehr AG als «Herausgeberin» festgehalten.
Im Prinzip müssten diese Titel heute noch - oder wieder - einen Boom erleben. Bis zum Ende des letzten Jahrtausends verstand man unter der katholischen Presse nicht nur explizite Kirchenblätter, sondern auch Tageszeitungen, die katholisch geprägt waren (wie die frühere «Die Ostschweiz» und viele andere Titel). Seit die Konfessionen bei den Zeitungen keine Rolle spielen und die früher obligaten christlich geprägten Leitartikel verschwunden ist, sind solche Elemente nur noch in eigens dafür angelegten Titeln zu finden. Ob die 3651 Leserinnen und Leser des SKS darunter auch das Interview mit Kurt Aeschbacher einordnen oder ob die Zahl bald nach unten korrigiert werden muss: Man wird es sehen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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