Die neue Jobfunktion von Google «Google for Jobs» gibt es seit September auch in der Schweiz – was steckt dahinter?
Nellen & Partner
Publiziert am 19. Dezember 2019
Das Prinzip: Suchen Nutzer nach «Jobs in meiner Nähe», «Bäcker Stellenanzeige» oder ähnlichen Begriffen, erhalten sie in einer Übersicht im oberen Bereich der Suchergebnisse eine Vorschau auf Stellenausschreibungen, die auf Partnerseiten veröffentlicht wurden, wie in der Medienmitteilung von Google beschrieben ist. Mit Klick auf eine Stelle werden weiterführende Informationen wie die Beschreibung und Erfahrungsberichte zum Unternehmen sowie zum Job angezeigt. Zu den Partnern gehören diverse Plattformen, auf denen Stellen ausgeschrieben sind. Die Idee, Jobs aus anderen Quellen zu aggregieren, ist dabei nicht neu. Bereits seit vielen Jahren sind Metasuchmaschinen im Einsatz, während Google seine Jobfunktion erst 2017 startete – in den USA.
Angst vor Unsichtbarkeit
Jedoch weist Google gegenüber anderen Suchmaschinen einige Besonderheiten auf. Dazu zählt die einfache Usability. Sie zeigt sich auch in der Jobfunktionalität. Nutzer können die Ergebnisse nach Kriterien wie Teilzeit oder Vollzeit, Wunschstadt und Branche filtern. Bei neuen Angeboten haben sie die Möglichkeit, sich per E-Mail benachrichtigen zu lassen. Ausserdem charakteristisch ist die Integration in andere Google-Dienste. So sehen angemeldete Nutzer durch die Verknüpfung mit Google Maps, wie lange sie bis zu der angezeigten Arbeitsstelle von ihrer aktuellen Position oder einem ausgewählten Ort benötigen würden. Zudem können sie die Suche inklusive der Filtereinstellungen in einem individuellen Tab speichern, der über alle Geräte hinweg verfügbar ist.
Hinzu kommt die marktbeherrschende Stellung von Google. Obwohl Suchmaschinen wie Bing und Yahoo keine Unbekannten sind, ist Google weltweit betrachtet die Nummer eins, wie eine Studie der SEO-Agentur Indexlift zeigt. Während Google 92 Prozent Marktanteil erreicht, bringt es Yahoo auf Rang zwei nicht einmal auf drei Prozent. Das belegt: Google ist das Synonym für die Suche im Internet. Deshalb sehen sich vor allem Jobportale unter Druck. «Wer nicht mitmacht, muss befürchten, von Jobsuchenden nicht wahrgenommen zu werden», schreibt die Handelszeitung.
Fragwürdiges Verfahren
Jedoch ist Googles Methode angreifbar. Um an Stellenanzeigen und Zusatzinformationen zu kommen, verwendet Google eine seiner ältesten, (leider) effektivsten und umstrittensten Strategien, wie Anwalt Thomas Höppner im Magazin «Focus» erläutert. Diejenigen, die die Inhalte unter hohen Kosten generiert haben, werden durch die Aussicht, in den Suchergebnissen besser als diejenigen, die Google nicht unterstützen, platziert zu werden, dazu gebracht, der Suchmaschine Inhalte kostenlos zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Trick habe sich Google schon die Bilder in der Google-Bildersuche, Nachrichten in Google-News, Unterkunftsdaten in der Google-Hotelsuche oder Preisinformationen in Google-Shopping-Units gesichert – ohne für die Produktion oder Bereitstellung zu zahlen.
Die Praxis könnte zu einem Verlust des Handlungsspielraumes der traditionellen Marktteilnehmer führen: «Sollte Google die Inserate aber irgendwann direkt von den Firmen anfordern und sollten die Nutzer immer seltener auf den Schweizer Jobseiten vorbeischauen, hat die Branche ein Problem», so die Handelszeitung. Des Weiteren bestehe ein Aspekt darin, dass bei Jobinseraten das Gehalt von Positionen durch ein teilnehmendes Jobportal öffentlich ausgewiesen werden könne, auch wenn dies in der Schweiz noch nicht geplant sei.
Überdies darf nicht vergessen werden, dass nur eine Minderheit der offenen Stellen bei Google gelistet ist. Lediglich 21 Prozent der Schweizer Unternehmen sind auf die Jobfunktion von Google vorbereitet, zeigt eine Studie von jobchannel. Anders als bei Jobplattformen können Firmen ihre zu besetzenden Stellen nicht aktiv ausschreiben, sondern müssen von Google gefunden werden. Damit die Jobs angezeigt werden können, gelte es die technischen Anforderungen zu erfüllen. Fast drei Viertel der Arbeitgeber scheitern jedoch daran, die benötigten strukturierten Daten zur Verfügung zu stellen.
Employer Branding bedeutet mehr
Hinzu kommt, dass eine Stellenanzeige bei Google nicht bedeutet, dass sich die gewünschten Fach- und Führungskräfte in Massen bewerben und die Stelle erfolgreich besetzt werden kann. «Um potenzielle Bewerber zu erreichen, braucht es weiterhin eine höhere Anzahl an Berührungspunkten und ein überzeugendes Employer Branding», wie in einem Beitrag der Personalmarketingexperten von Wollmilchsau erläutert ist. Das Employer Branding in der «Google for Jobs»-Stellenanzeige sei eher unzureichend. Die Argumentation: «Die Stellenanzeigen der verschiedenen Unternehmen unterscheiden sich in der Suchmaske und Stellenanzeige weder im Layout noch im Aufbau. Du überzeugst den Kandidaten an dieser Stelle höchstens mit dem Namen Deiner Marke oder den erwähnten Benefits. Doch selbst die Benefits ganz am Ende gehen in der wüstenähnlichen Textlandschaft schnell verloren. »
Bei Google schnell verloren gehen übrigens auch Produktinnovationen, die sich als nicht mehr so innovativ herausstellen, Probleme bereiten oder nicht mehr zur Strategie Googles passen, wie die Nachrichtenwebsite Heise berichtet. In solchen Fällen fackele der Konzern nicht lange und beerdige das Produkt. So gebe es auf dem Google-Friedhof 150 digitale Grabmale für Produkte, die von 2006 bis heute eingestellt worden seien. Zuletzt traf es das soziale Netzwerk Google+, das 2011 als revolutionär gefeiert wurde.
Alles zusammenbetrachtet, ist die Jobfunktion von Google keine Revolution. Dennoch kann es sinnvoll sein, mit Google zusammenzuarbeiten beziehungsweise Stellenanzeigen so zu gestalten, dass Google sie nutzen kann. Dies wird aber nur dann zu einem Vorteil führen, wenn es in die Recruitingstrategie passt – vorausgesetzt, dass Unternehmen darüber verfügen. Denn feststeht: Unternehmen kommen im «War for Talents» nicht umhin, sich selber um ihr Employer Branding zu kümmern und eine nahtlose Candidate Journey über alle Touchpoints hinweg zu schaffen – von der Werbung über den Umgang mit Bewerbern sowie das Onboarding bis hin zum Ausscheiden aus dem Unternehmen. Denn all das zahlt auf die Bildung einer Arbeitgebermarke ein. Nur wenn diese stark ist, können auch Stellenanzeigen ihr volles Potenzial entfalten, sei es auf Google oder anderenorts.
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Nellen & Partner
Nellen & Partner ist Ihr Partner für Executive Search in Zürich und St.Gallen. Nellen & Partner ist im Bereich Personalberatung, Kadervermittlung, Human Resource Management und Headhunting tätig und unterstützt Sie bei der Suche nach Führungskräften, Verwaltungs- und Stiftungsräten sowie Fachspezialisten.