Um Häusliche Gewalt zu verhindern, ist es wichtig, dass auch potenziell gewaltausübenden Personen Unterstützung angeboten wird. Ein Flyer der Beratungsstelle Konflikt.Gewalt. und der Kantonspolizei Thurgau zielt in diese Richtung.
Schweizweit gehen Fachpersonen davon aus, dass die Einschränkungen der individuellen Bewegungsfreiheit, geschlossene Schulen, Homeoffice und Kurzarbeit nicht nur mehr Familienzeit bedeuten, sondern die Gefahr bergen, dass es innerhalb von Familien und Beziehungen vermehrt zu Stress, Überforderung, Konflikten und zu Häuslicher Gewalt kommen wird.
Im Kanton Thurgau ist diese Gefahr noch nicht in Zahlen messbar. Mit Häuslicher Gewalt befasste Beratungsstellen und die Kantonspolizei warnen aber davor, aus den Zahlen voreilige Schlüsse zu ziehen und Entwarnung zu geben. Opfer Häuslicher Gewalt haben es unter den gegebenen Umständen ungleich schwerer, sich an Beratungsstellen oder die Polizei zu wenden: Eine elementare Form Häuslicher Gewalt - übermässige soziale Kontrolle - kommt in der Isolation, "eingesperrt" in den eigenen vier Wänden, besonders stark zum Tragen.
Fokus auch auf Gewaltausübenden
Gerade, wenn Gewaltopfer durch Kontrolle daran gehindert werden, sich Hilfe zu holen, muss der Fokus auch auf potenziell gewaltausübende Personen gerichtet werden. Väter und Mütter, die kurz davor stehen, Gewalt auszuüben oder merken, dass sie an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind, sollen sich Unterstützung holen, sie dürfen die aufgestaute Wut, Ohnmacht und Aggression nicht in die Familie tragen.
Konflikt.Gewalt. und die Fachstelle Häusliche Gewalt der Kantonspolizei Thurgau haben einen Flyer erarbeitet, der Alarmsignale und mögliche Auswege aufzeigt und vor allem dazu ermutigt, Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Wenn es gelingt, in der aktuellen Situation die Menschen zu erreichen, die eigentlich niemals Gewalt ausüben wollten und die Menschen, die es nicht schaffen, aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen, dann schützen wir die Partnerinnen und Partner und vor allem: Wir schützen die Kinder! - Die Beratung ist kostenlos.
Der Flyer wird kommende Woche über den VTG an die Gemeinden, via Apothekerverband von Thurgauer Apotheken und über die mit Häuslicher Gewalt befassten Stellen verteilt.
Gewalt «passiert nicht plötzlich», sondern zeichnet sich ab.
Alarm-Signale sind: Unruhe, Anspannung, Enge, Druck, depressive Stimmung, Emotionslosigkeit, Schweigen, Rückzug, «mauern», Rechtfertigung und Schuldzuweisungen (ich richtig – du falsch), Beleidigungen, Provokationen, Abwertungen, Aggressivität, Ärger, «roter Kopf», ausrasten.
So verhindern Sie Gewalt und schützen sich und Ihr Umfeld:
Achten Sie auf diese Alarm-Signale bei sich und anderen. Sprechen Sie darüber! Schaffen Sie räumliche Distanz! Gehen Sie weg, bis Sie sich beruhigt haben und die Situation eine Rückkehr zulässt. Holen Sie Unterstützung bei einer Beratungsstelle oder der Polizei.
Beratung und Therapie für Einzelne, Paare oder Familien gibt es unter 078 778 77 80, kontakt@konflikt-gewalt.ch oder unter konflikt-gewalt.ch
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