… Demokratie!» - Das ist eine der Botschaften der aktuellen Wahlsieger in Deutschland. Aber entstanden sind sie in der Schweiz.
Deutschland hat seit langem ein Problem mit Rechtsextremen. Der brutale Höhepunkt war der kaltblütige Mord am Kasseler Regierungspräsidenten. Deutschland ist sich einig, dass an dem stärker werdenden Hass und der Unverschämtheit, alles in Frage zu stellen und die eigenen radikalen Meinungen umzusetzen, die Veränderung der politischen Sprache nach rechts hohe Schuld trägt.
Es ist nicht nur die AfD, es sind die immer zahlreicher werdenden rechte Gruppieren, die diese Entwicklung ungehemmt kopieren, unkritisch, weil simpel vereinfacht und weil es ihnen an Bildung fehlt, diese Dinge ins rechte Licht setzen zu können. Sie stellen sich gegen die Demokratie: «Halt’s Maul Demokratie!» und sehnen sich nach autoritären Strukturen. Oder: «Volkswille jetzt!» Übersetzt in die Normalsprache: alle Politiker sind nutzlos und müssen weg.
Oder: «Sicherheit schaffen!» Eine klare Aussage, dass nur ihre radikalen Mittel die eigentliche schon vorhandene Sicherheit sicher machen können. Grüsse von Trump! Oder: «Frei bleiben!» Dies ist ein besonders fieser Satz, denn er suggeriert, dass alle anderen ausser ihnen diese Freiheit nicht schützen können oder wollen. Oder: «Die Völkerwanderung aus Afrika geht weiter!» Wer Geschichtsunterricht genossen hat, weiss, dass dieser Begriff bewusst masslos übertreibt, denn noch nicht einmal 0,05% der Afrikaner sind nach Europa ausgewandert.
Die Radikalisierung der Sprache und die bewusste Begriffsverdrehung tragen zur Radikalisierung in allen Bereichen der Bevölkerung bei. Rechtsradikales Denken und Handeln wird quasi durch diese Parteislogans legitimiert. Die Umgangssprache wird bösartiger und aggressiver, weil solche radikalen Thesen auf Wahlplakaten landesweit verbreitet werden. Diskussionen in den Medien werden geprägt durch diese vereinfachenden und unausgegorenen Scheinargumente. Unsere Kommunikation der geschliffenen Argumente verkommt zum Hin- und Herwerfen von kurzen radikalisierten Scheinthesen.
«Halt’s Maul Demokratie!» ist tatsächlich auf dem Weg, in Erfüllung zu gehen. «Volkswille jetzt!», «Sicherheit schaffen!», «Frei bleiben!» und «Die Völkerwanderung aus Afrika» sind massive Beispiele radikalisierender Sprache, die nicht aus dem nördlichen Grossen Kanton, sondern von der Schweizer Partei stammen, die den Slogan für den Oktober so formuliert hat: «Frei und sicher – ich will’s, ich wähl’s.»
Schweizer Qualität eben.
Wolf Buchinger (*1943) studierte an der Universität Saarbrücken Germanistik und Geografie. Er arbeitete 25 Jahre als Sekundarlehrer in St. Gallen und im Pestalozzidorf Trogen. Seit 1994 ist er als Coach und Kommunikationstrainer im Management tätig. Sein literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, Gedichte, Romane, Fachbücher und Theaterstücke. Er wohnt in Erlen (TG).
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