Autor/in
Eva Keller
Eva Keller (*1956) ist Theologin und St.Galler Kantonsrätin für die SP. Sie wohnt in Uetliburg (SG).
Eva Keller (*1956) ist Theologin und St.Galler Kantonsrätin für die SP. Sie wohnt in Uetliburg (SG).
Verschiedene Kantone sind daran, ihr Verhältnis zu den Religionen zu klären. Vorbild könnte eine Lösung aus dem Kanton Zürich sein.
Der Kantonsrat von St. Gallen hat in der Aprilsession ein Religionsgesetz beraten. Darin wird das Verhältnis des Kantons zu den vier öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften (der katholische Konfessionsteil, die Evangelische Kirche, die Christkatholische Kirchgemeinde, die Jüdische Gemeinde) zusammengefasst, das vorher in verschiedenen Erlassen festgehalten war. Das Gesetz war unbestritten. Gesetzesartikel zu weiteren Religionsgemeinschaften wurde schon in der Vernehmlassung abgelehnt und deshalb gar nicht ins neue Gesetz aufgenommen.
Diese Aktivität der Kantone ist kein Zufall. In den letzten Jahrzehnten ist eine grosse Dynamik und Vielfalt in der religiösen Landschaft entstanden. Einerseits wird Religion zunehmend individueller oder gar nicht mehr gelebt, was zu vermehrter Konfessionslosigkeit führt. Andererseits wurden neben den herkömmlichen Freikirchen neue Religionsgemeinschaften gegründet. Durch die Migration entstanden weitere christliche Gemeinden wie orthodoxe oder altorientalische Kirchen. Aber auch nichtchristliche Religionsgemeinschaften formierten sich.
Das religiöse Zusammenleben ist zu einer Herausforderung geworden. Denn die Unterschiede und kulturellen Hintergründe sind äusserst vielfältig und können zu Problemen führen – nicht nur zwischen Christentum und nichtchristlichen Religionen, sondern auch innerhalb des Christentums.
Religionen bieten für viele Menschen Orientierung. Religiöse Überzeugungen können eine Basis sein für Menschenrechte, Demokratie, Minderheitenschutz und Rechtsstaatlichkeit. Sie können aber auch, ebenso wie säkulare Überzeugungen, ins Fundamentalistische abgleiten, bis hin zu Extremismus. Ein Staat, der von der Aufklärung geprägt ist, muss religiös und weltanschaulich neutral sein. Er darf deshalb selber keine religiösen Symbole verwenden, wie es neuerdings Bayern tun will. Aber er muss Religionsfreiheit garantieren. Wer religiös ist, soll seine Religion frei und offen leben können, muss aber die Religionsfreiheit der anderen ebenso respektieren.
Der Staat ist für die Sicherheit seiner Bewohner und Bewohnerinnen verantwortlich, und da gehört auch der religiöse Friede dazu. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass sich die Kantone mit Religionen beschäftigen und von ihnen Mindeststandards verlangen.
Im religiösen Zusammenleben muss man miteinander reden statt übereinander reden. So lernt man sich kennen und beugt Ängsten, Vorurteilen und Diskriminierung vor. In der St. Galler Erklärung verpflichten sich die unterzeichnenden Religionsvertreter zusammen mit der Regierung zu Dialog, demokratischer Rechtsstaatlichkeit und religiösem Frieden. Tragen wir dazu Sorge!
Eva Keller (*1956) ist Theologin und St.Galler Kantonsrätin für die SP. Sie wohnt in Uetliburg (SG).
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