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Vollgeld-Initiative

Hochrisiko-Spiel

Stellen Sie sich vor: Da will eine zuvor unbekannte Gruppe aus heiterem Himmel die bewährte Thurgauer Mostproduktion völlig auf den Kopf stellen und auf einen einzigen Standort konzentrieren.

Brigitte Häberli-Koller am 09. Mai 2018

Die neuen Bestandteile der Mostproduktion existieren zwar erst in der Computersimulation, aber es tönt alles sehr gut. Wer viel Süssmost trinkt, soll mit dem neuen System sogar noch Geldprämien erhalten. Wer nachfragt, wie das funktionieren soll, erhält allerdings keine befriedigende Antwort.

Würden Sie sich auf ein solches Experiment einlassen? Ohne ersichtlichen Grund? Ohne Not? In der Ungewissheit, ob die neuen Mostpressen überhaupt je richtig funktionieren werden? Mit anderen Worten: Wollen Sie Versuchskaninchen für etwas spielen, das es gar nicht braucht und dafür ein hohes Risiko eingehen?

Ihre Antwort ist natürlich klar: Auf keinen Fall! Ich bin doch nicht blöd!

Die Vollgeld-Initiative, über die wir am 10. Juni abstimmen, entspricht aber exakt diesem Mostmuster. Die schräge Initiative verlangt, dass in der Schweiz nur noch die Nationalbank (SNB) Geld schaffen kann. Den Geschäftsbanken soll künftig untersagt werden, Geld in Umlauf zu bringen, indem sie eigenständig Kredite vergeben. Dieses sogenannte Buchgeld der Banken entspricht aber fast 90 Prozent der Geldmenge der Schweiz.

Falls die Initiative Erfolg hätte, wären die Folgen dramatisch: Kredite würden verteuert, die Kreditvergabe zentralisiert und die Nationalbank verlöre ihre wichtige, politische Unabhängigkeit.

Die Initianten versprechen höhere Gewinnausschüttungen der Nationalbank nicht nur für Bund und Kantone, sondern auch für den kleinen Bürger. Wie das funktionieren soll, können sie aber selber nicht sagen.

Kurz, ein Hochrisiko-Spiel!

Wieso um Himmels Willen sollen wir uns als einziges Land der Welt auf ein solches Wagnis einlassen? Kein Land der Erde kennt bisher ein solches Geldsystem.

Für mich ist klar: Es lohnt sich unter keinem Titel Wohlstand, Arbeitsplätze, Investitionen in Unternehmen, ja sogar reihenweise Lokal- und Regionalbanken aufs Spiel zu setzen

Die Nationalbank könnte sich ja noch auf den Standpunkt stellen: Wir erhalten ein noch grössere Bedeutung. Also winken wir die Vorlage stillschweigend durch. Weit gefehlt: Selbst die Nationalbank warnt vor diesem Experiment, das sogar eine übermässige Inflation auslösen kann.

Ich vertraue der Nationalbank. Sie besitzt eine überdurchschnittlich hohe Glaubwürdigkeit.

Was wollen eigentlich die Initianten? Sie behaupten, dass mit Vollgeld unser Finanzsystem besser stabilisiert werden kann. Auch wenn es gut gemeint ist, es stimmt einfach nicht. Der Bundesrat, das Parlament, die Finanzmarktaufsicht (Finma) und nicht zuletzt der Nationalbank selber, haben längst wirksamere Massnahmen getroffen. Wo immer Bedarf ist, stabilisieren sie weiterhin.

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Autor/in
Brigitte Häberli-Koller

Brigitte Häberli-Koller (*1958) war von 2003 bis 2011 für die Thurgauer CVP im Nationalrat. Seit Dezember 2011 politisiert sie im Ständerat.

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