Ticketautomaten erleichtern das Leben ungemein. Oder auch nicht.
In 14 Minuten fährt mein Zug, Zeit genug, um in aller Ruhe das Billett rauszulassen: «Willkommen! Grippe day und night!»
Infiziere ich mich nun, wenn ich die Tastatur bediene? Nein, das nächste Bild auf dem Display ist netter: «Billette ab Zürich».
Ich drücke drauf, keine Reaktion.
Hybrid heisst doch, dass sich ein Computer und ein Mensch verstehen sollen. Jetzt nicht. Als erste Destination kommt «Nachtzuschlag», dann «Baden, Basel, Luzern» und schliesslich «Anschlussbillette Verbund», keine Ahnung, wo das liegt, womöglich im Ausland bei Stralsund oder so.
«Aufladen» will ich mich nicht noch mehr wegen der verlorenen Zeit und dieser seltsamen Logik.
«Klassenwechsel» kann ich mir nicht leisten.
Mein Zug fährt in 8 Minuten.
«Velo» – im Winter?
«Fespo» – ein neuer Vorort von Zürich für Nordafrikaner?
Bei «weitere Billette» haut sich das Programm selbst heraus, also zurück zu «andere Verbindungen», obwohl ich doch von diesem Bahnhof abfahren will. Ich wage es trotzdem und das System bietet mir nun mehrere Städte westlich an, der Osten findet mal wieder nicht statt.
Ich tippe «A» ein für Amriswil, der Automat blockiert, es geht nicht weiter.
Mein Zug fährt in 3 Minuten.
Endlich blinkt das Display mehrfach und zeigt alle Bahnhöfe von Genève an.
Ich will zurücknavigieren, das Anfangsbild erscheint, aha, also hat auch der Automat hohes Fieber wegen seiner Grippe.
Mein Zug ist weg.
Ich stelle mich geduldig in der langen Warteschlange vor den bedienten Schaltern an, denn dank Taktfahrplan habe ich nun eine Stunde lang Zeit.
Wolf Buchinger (*1943) studierte an der Universität Saarbrücken Germanistik und Geografie. Er arbeitete 25 Jahre als Sekundarlehrer in St. Gallen und im Pestalozzidorf Trogen. Seit 1994 ist er als Coach und Kommunikationstrainer im Management tätig. Sein literarisches Werk umfasst Kurzgeschichten, Gedichte, Romane, Fachbücher und Theaterstücke. Er wohnt in Erlen (TG).
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