Der PCR-Test ist der heilige Gral der aktuellen Coronapolitik. Von ihm werden die Fallzahlen abgeleitet, die danach für den Reproduktionswert sorgen und jede Massnahme rechtfertigen. Eine Zeitreise zeigt, dass selbst die Vordenker dieser Massnahmen einst den PCR-Test stark hinterfragten.
Wir schreiben das Jahr 2014. Alle sprechen von Mers, einer sich anbahnenden Seuche. Der Virus hat danach aber keine langfristige Karriere eingeschlagen wie Covid19, die Angst versandete. Was wohl auch daran lag, dass vor allem die arabische Halbinsel betroffen war. Aber Mers, das ist wichtig für alles, was folgt, gehört zu den Coronaviren.
Damals schon gefragter Interviewpartner zum Thema war der Virologe Christian Drosten, aktuell der Posterboy der Coronapanik. In der «Wirtschaftswoche» gab er Dinge zu Protokoll, die in der Rückschau eigenartig anmuten.
Denn Drosten gab im Gespräch ziemlich offensiv Entwarnung. Er störte sich daran, dass plötzlich alles und jedes als Mers-Fall galt. So sagte er beispielsweise:
«Es ist eben so, dass es bisher eine klare Fall-Definition gab, also ein striktes Schema, das festlegte, welcher Patient als Mers-Fall gemeldet wurde. Dazu gehörte zum Beispiel, dass der Patient eine Lungenentzündung hat, bei der beide Lungenflügel betroffen sind. Als in Dschidda Ende März diesen Jahres aber plötzlich eine ganze Reihe von Mers-Fällen auftauchten, entschieden die dortigen Ärzte, alle Patienten und das komplette Krankenhauspersonal auf den Erreger zu testen. Und dazu wählten sie eine hochempfindliche Methode aus, die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).»
Also den PCR-Test, heute Drosten liebstes Kind. Damals stand er der Methode offenbar deutlich kritischer gegenüber. Mit gutem Grund, wie er vor sechs Jahren zu Protokoll gab. Der Journalist befand, der Test klinge doch gut, der Virologe hatte aber Einwände:
«Die Methode ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten. Auch so liesse sich die Explosion der Fallzahlen in Saudi-Arabien erklären. Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hoch gekocht haben.»
Man muss Christian Drosten Recht geben: Auch jetzt wieder, bei Corona landet alles Mögliche in der Meldestatistik, allen voran kerngesunde Leute ohne Symptome. Und die Medien drehen im roten Bereich. Aber heute stört es ihn nicht mehr.
Es geht noch weiter - und wird noch besser. Drosten wird vom Journalisten auf aktuell 142 Mers-Todesfälle hingewiesen, die ja nicht zu vernachlässigen seien. Seine Antwort:
«Ich befürchte, dass der jetzige Anstieg eher der erhöhten Aufmerksamkeit geschuldet ist. Das ist hierzulande nicht anders. Berichten 'Bild' oder die Abendnachrichten über einen Ausbruch eines bestimmten Virus, steigt die Zahl der Laboruntersuchungen deutlich an. Einfach, weil auch Ärzte dann sensibilisiert sind und gezielt Ausschau halten nach den Erregern, über die berichtet wird.»
Genau das, was wir auch jetzt beobachten. Alle starren auf das Coronavirus und schlagen in vorauseilender Vorsicht alles dem zu. Drosten fand das 2014 nicht richtig. 2020 war es seine Religion.
Und der nächste Schlag. Was empfahl Virologe Drosten damals im Fall Mers, was den PCR-Test und die Schlussfolgerungen daraus angeht? Das hier:
«Es wäre sehr hilfreich, wenn die Behörden in Saudi-Arabien wieder dazu übergehen würde, die bisherige Definitionen der Krankheit einzuhalten. Denn was zunächst interessiert, sind die echten Fälle. Ob symptomlose oder mild infizierte Krankenhausmitarbeiter wirklich Virusträger sind, halte ich für fraglich. Noch fraglicher ist, ob sie das Virus an andere weitergeben können.»
Bei Corona ist alles anders. Bei Corona muss alles in die Statistik, bei dem ein einzelnes Molekül nachgewiesen wird. Und dient der Verbreitung von Panik und unbegrenzten Verordnungen und Einschränkungen der Wirtschaft und der persönlichen Freiheit.
Geben wir Herrn Drosten das Schlusswort. Was hielt er denn für die effektivste Massnahme gegen Mers aus der Familie der Coronaviren? Die Antwort war so kurz wie klar:
«Ich empfehle, sich die Hände sehr häufig zu waschen. Das ist die effektivste Massnahme. Denn wie die meisten Erkältungsviren werden auch Coronaviren durch den direkten Kontakt übertragen, zum Beispiel beim Händeschütteln.»
Der oberste Panikmacher in Sachen Covid19 war noch 2014 tiefenentspannt, was einen anderen Erreger betraf und stellt dem PCR-Test, der heute für ihn das höchste der Gefühle war, ein schlechtes Zeugnis aus. Händewaschen reicht als Massnahme. Eine wahrlich vielsagende Erkenntnis.
Das ganze Interview kann hier gelesen werden.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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