Kirchen sind vollgepackt mit religiösen Motiven, mit Bildern und Skulpturen. Aber die grössten Kunstwerke liegen nicht direkt im Blickfeld: Die Deckenbemalungen. Eine Kirche in der Ostschweiz will nun bewusst den Blick nach oben lenken.
Bis zum 1. Advent werden in der Kirche St. Josef in Mühlrüti verschiedene Medaillonbilder in den Mittelpunkt gestellt. Das jeweilige Bild wird während einer Woche beleuchtet und zusätzlich wird die Darstellung durch eine kurze Beschreibung erklärt.
Wissen Sie, welche Geschichten die Bilder an der Kirchendecke in Ihrer Gemeinde erzählen? Nein?
Keine Angst, damit sind Sie nicht allein.
Selbst fleissige Kirchgänger dürften bei der Suche nach der Antwort auf die eingangs gestellte Frage ins Schwitzen kommen. Im Religionsunterricht hat man sich vielleicht mit den Bildern an den Wänden auseinandergesetzt, welche den Kreuzweg von Jesus aufzeigen. Möglicherweise hat man auch einmal den Blick an die Decke schweifen lassen und die grossen Kunstwerke betrachtet, wenn die Predigt des Pfarrers an Spannung zu überbieten gewesen wäre. Doch die kleineren Medaillonbilder hat man ob der Pracht der grösseren Werke vielleicht übersehen.
Damit diese Medaillonbilder in der Kirche in Mühlrüti eben nicht mehr übersehen werden, wird bis zum 1. Advent mit einem speziellen Projekt auf sie aufmerksam gemacht. Die Idee dazu gibt es in der Kirchgemeinde schon länger, nun hat sie Esther Dreier, Seelsorgerin und Pfarreibeauftragte, umgesetzt. Die Bilder werden abwechselnd mit einem Spot beleuchtet. Wer die Kirche betritt, hebt automatisch den Blick zur Decke. Vorne im Kirchenraum liegt ein Beschrieb, der aufzeigt, welche Geschichte hinter dem gerade beleuchteten Bild steckt. Einfach, aber wirkungsvoll.
«Die Idee dahinter ist es, die Kirche zu öffnen», sagt Esther Dreier. Das funktioniere in der heutigen Zeit nicht mehr nur mit Gottesdiensten. Einfach mal unter der Woche die Kirche betreten und darin verweilen, das machen die Wenigsten. Doch die Kirche hat mehr zu bieten, ist Esther Dreier überzeugt. Dem Kunstschatz und den vielen Details werde zu wenig Beachtung geschenkt. In der Kirche in Mühlrüti ist das im Moment sicher nicht mehr der Fall.
Die Medaillonbilder unterscheiden sich in ihrer Geschichte je nach Kirche. Die Bilder in Mühlrüti erzählen den Weg von Josef, Maria und dem Jesuskind. «Wohl deshalb, weil St.Josef Namensgeber unserer Kirche ist», sagt Esther Dreier. Im Hinblick auf die nahende Adventszeit bietet das Projekt also auch die Möglichkeit, sich mal wieder mit der Weihnachtsgeschichte auseinanderzusetzen. Und die dunkle Jahreszeit bringt die beleuchteten Bilder besonders zur Geltung.
«Mit dem Projekt bietet sich allen Besuchern die Gelegenheit, sich die einen oder anderen Gedanken zu der Darstellung zu machen. Sie vielleicht auch mit dem eigenen Leben zu verbinden. Mit dem, was einen vielleicht im Moment beschäftigt, oder um Kraft zu tanken in der Ruhe unserer Kirche», sagt Esther Dreier als sie wieder aus der Kirche tritt, die Türe aber nicht abschliesst sondern offen lässt für jedermann.
Martina Signer (*1988) aus Mosnang ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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