Entspricht die gelebte Praxis den politischen Vorgaben zur Energiepolitik? Wo liegen mögliche Handlungsspielräume brach? Und was ist prioritär zu tun?
Diesen und anderen Fragen zur kantonalen Energiepolitik stellte sich Dieter Bürgi, Co-Präsident des WWF Appenzell anlässlich des bereits zehnten Kaminfeuergesprächs der Parteiunabhängigen (PU) AR im Haus zur Stickerei in Heiden.
Appenzell Ausserrhoden bei der Klimapolitik im unteren Mittelfeld
In seinem einleitenden Referat erteilte Dieter Bürgi dem Kanton keine Bestnoten. Zwar besteht ein griffiges und modernes Energiekonzept, in der Praxis passiert von Seiten des Kantons aber noch wenig. Als Beispiel können die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) dienen, welche z.B. den Energiebedarf zum Heizen weiter senken sollen. Hier weist die kantonale Verwaltung nur schon bei der Erarbeitung der entsprechenden Vorlage einen mehrjährigen Rückstand auf, ganz zu schweigen von einer zeitgerechten Umsetzung. Ebenso besteht bei der energietechnischen Sanierung kantonaler Liegenschaft noch etlicher Handlungsbedarf. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil dem Kanton – und übrigens auch den Gemeinden - eine grosse Vorbildwirkung zukäme.
Kostenwahrheit versus Finanzierbarkeit
Die nachfolgende Diskussion beleuchtete insbesondere die Finanzierbarkeit nötiger Massnahmen durch Private. Dabei stehen in der Regel die Investitionskosten bei Sanierungen im Vordergrund, obwohl z.B. die Lebenszeitkosten von Wärmepumpen oft niedriger sind als jene von Ölheizungen. Hier könnte wohl mit verstärkten Fördermassnahmen einiges erreicht werden. Erwähnt wurden steuerliche Anreize, bessere Abgeltung von Überschüssen aus PV-Anlagen oder die zweckgebundene Verwendung der kantonalen SAK-Rendite.
Gesetzliche Vorgaben und unterschiedliche Interessen
Ebenfalls zu diskutieren gaben die in der Praxis immer wieder erlebten unterschiedlicher Interessen und Anliegen verschiedener an Baubewilligungen beteiligter Instanzen. Die PU AR sind überzeugt, dass es hier in Zukunft grössere Flexibilität braucht, so dass z.B. PV-Anlagen auf Kirchendächern nicht mehr aus denkmalpflegerischen Gründen verboten werden sollten. Dies insbesondere auch deshalb, weil die eigentliche Bausubstanz dadurch ja nicht beeinträchtigt wird. Auch auf Stufe Gemeinde ist reine Paragrafenreiterei hier kontraproduktiv.
Basler Modell als Minimal-Ziel
Während MuKEn 2014 als Vorgabe zur Technologiewahl beim nächsten Heizungswechsel lediglich 10% erneuerbare Energiesysteme vorsieht, setzt das Basler Modell hier auf 20 %. Fossile Heizstoffe sind dabei nur noch erlaubt, wenn eine Lösung mit erneuerbarer Energie technisch unmöglich oder tatsächlich teurer ist. Aber selbst diese Lösung ist noch weit von den Zielen der Pariser Klimakonferenz entfernt, welche den Einsatz von 100 % erneuerbarer Energien vorsieht, versehen mit einem flankierenden Förderprogramm und einer Härtefallklausel.
Nachdenkliche Stimmung
Die Bedeutung des Themas sorgte bei den Teilnehmenden für ernste Gesichter. Es bestand aber weitgehend Konsens, dass an einer enkeltauglichen Klimapolitik gearbeitet werden muss. Mit einem herzlichen Applaus für den Referenten endete das Kaminfeuergespräch so in einer nachdenklichen Stimmung.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Mitteilung eines Unternehmens, Verbands, Organisation oder Institution im Wortlaut.
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