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«Versorgungsregion Säntis»

Kleinpartei in Kleinstkanton will das Gesundheitswesen umkrempeln

An der Innerrhoder Landsgemeinde wird unter anderem eine Initiative der SP behandelt, die eine «Versorgungsregion Säntis» im Gesundheitsbereich fordert. Der Haken daran: Selbst ein Ja würde nur bedeuten, dass die Innerrhoder mit den Nachbarn reden müssten - und die wollen wohl gar nicht.

Stefan Millius am 16. April 2019

200 Stimmberechtigte in Appenzell Innerrhoden haben die Initiative für eine «Gesundheitsregion Säntis» unterschrieben. Sie kommt nun an der Landsgemeinde vom 28. April zur Abstimmung. Initiantin ist die Innerrhoder SP.

Die Initiative trifft einen wunden Punkt. Die Tatsache nämlich, dass sich auf engem Raum in den Kantonen St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden viele Spitäler und andere Gesundheitsanbieter ballen, und das bei teilweise deckungsgleichem Angebot. Die SP spricht von einem «Rüstungswettlauf mit unkoordiniert ausgebauten Angeboten». Dieser erzeuge eine Überkapazität an medizinischen Behandlungen - mit den entsprechenden Kosten. 

Als Beispiel führt die SP an, dass - nach ihren Angaben - in den drei Kantonen 15 Spitäler und Kliniken Hüft- und Kniegelenk-Implantationen anbieten. Ebenso viele Radiologieinstitute buhlen demnach um dieselben Kunden.

Die Initiative «Versorgungsregion Säntis» fordert nun, dass die Innerrhoder Standeskommission Verhandlungen mit den beiden Nachbarkantonen führt. Diese sollen dazu führen, dass die medizinische Versorgung in Zukunft koordiniert stattfindet - und nicht mehr länger alle alles machen. So will die SP Überkapazitäten und unnötige Behandlungen verhindern und Kosten einsparen.

Angesichts der desolaten Lage der St.Galler Spitäler und einigen Schwierigkeiten in Ausserrhoden macht es durchaus Sinn, das «Kantönlidenken» einzustellen und grossflächiger zu planen. Allerdings dürfte die Initiative dennoch einen schweren Stand haben. Zum einen, weil sie von der SP kommt. Diese ist aktiv und präsent in Innerrhoden, trifft aber nach wie vor bei vielen Bürgern auf einen Abwehrreflex. Und zum anderen, weil die Initiative im Grunde nicht umsetzbar ist.

Denn die Standeskommission zu verpflichten, Verhandlungen mit Nachbarkantonen zu führen, bringt nur dann etwas, wenn besagte Nachbarn das auch wollen. Die Innerrhoder Regierung kann die Kollegen aus St.Gallen und Ausserrhoden schlecht an einen Verhandlungstisch prügeln. In St.Gallen läuft die Suche nach einer Gesamtstrategie für die kantonalen Spitäler. Dort hat man wenig Interesse, eine «Versorgungsregion Säntis» als zusätzliche Baustelle zu eröffnen. Und auch Ausserrhoden hat sich in der Spitalfrage mit dem Spitalverbund bereits vor längerem aufgestellt.

Gut möglich, dass eine ansehnliche Zahl von Stimmbürgern an der Landsgemeinde dennoch mit einem Ja ein Zeichen setzen wird. Nach dem Ja zum Spitalneubau in Appenzell vor einem Jahr ist der Stolz auf die mutige Investition bei vielen einem leisen Zweifel gewichen. Die Initiative bietet Gelegenheit, zumindest indirekt zu signalisieren, dass der Alleingang nicht zwingend schlau ist.

Aber die anderen beiden Kantone werden sich von einem solchen Signal kaum beeindrucken lassen. Sie haben genug eigene Probleme. Die angeregte kantonsübergreifende «Versorgungsregion Säntis» könnte zwar eine Lösung sein. Aber St.Gallen und Ausserrhoden sind wohl schon zu weit gegangen, um laut darüber nachdenken zu dürfen.

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Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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