Obwohl die Kanti als der sogenannte Königsweg gilt, bedeutet das noch lange nicht, dass alle Türen offen sind.
Am Ende dieser vier Jahren steht man mit einem Koffer voller Wissen und mit einem Schlüssel da, welcher einem den Weg zu mehr Wissen öffnen kann. In dem Moment fühlt es sich nach wenig an, obschon Wissen ist ohne Zweifel sehr wertvoll ist.
Sieht man aber, wie Kolleginnen mit einem Lehrabschluss dastehen, ist es teilweise frustrierend. Sie scheinen in der «richtigen Welt» zu leben, während wir uns mit Formeln umherschlagen, die wir nie mehr nutzen werden. Sie wissen, wie die Arbeitswelt funktioniert, während wir wissen, wie man den Expressionismus vom Realismus unterscheidet. Als Ausgebildeter kann man sich mit mehr Chancen bei einer Firma bewerben als eine Maturandin, welche*r kaum praktische Erfahrung mitbringt.
Will man sich für ein Praktikum bewerben, ist praktische Erfahrung gefragt und wenn dies einem zuvor nicht bewusst war oder man von einer Pandemie daran gehindert wurde, Neben- oder Ferienjobs auszuüben, hat man hier einen deutlichen Nachteil. Für viele kommt zusätzlich die Herausforderung hinzu, dass es die erste Bewerbung ist. In der Kantonschule wird man im Bewerbungsprozess nicht auf dieselbe Weise begleitet wie in der Sekundarschule.
Die Kantonschulen bilden uns zwar aus, um an Universitäten zu gehen, doch nicht für die Arbeitswelt. Daher sehe ich den Begriff «Königsweg» als unpassend, da er mir noch lange nicht zu einer Anstellung verhilft. Die Matura ist ein direkter Weg zu einer Universität, doch um dann in die Arbeitswelt zu gelangen, ist es ein steiniger, strenger Weg. Wenn man das Ziel verfolgt, so schnell wie möglich zu arbeiten, sind Berufsschulen kürzere Königswege.
Johanna Lichtensteiger (*2002) stammt aus dem Kanton Thurgau. Nach der Kantonsschule legt sie aktuell ein Zwischenjahr ein, um Arbeitserfahrung zu sammeln.
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