Ohne breit inszenierte Kommunikation hat der Bundesrat einen Bericht verabschiedet, in dem das Krisenmanagement von Februar bis Mitte August 2020 analysiert wurde. Dabei nimmt auch die Zusammenarbeit mit den Kantonen breiten Raum ein. Der Bericht ortet unklare Zuständigkeiten.
Kritisch zum Befund des Bundesrates ist anzumerken, dass es nicht so ist, dass man die Frage der Steuerung in der Krise nicht rechtzeitig erkannte. Ich habe bereits am 16. März 2020 vor dem Beschluss der ausserordentlichen Lage als Delegationsleiter der Kantone dem Bundesrat vorgeschlagen, ein gemeinsames Führungsorgan Bund / Kantone einzusetzen.
Damit hätte man die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen in allen Fragestellungen (Gesundheit, Wirtschaft, Finanzen etc) institutionalisiert und gemeinsam Strategie und Massnahmen zu Handen des Bundesrates entwickelt. Strukturierter Einbezug der Fachleute, klarere Prozesse und weniger Improvisation wären hilfreich gewesen.
Der Bundesrat wollte dies explizit nicht. Der Grund ist einfach: Die eidgenössischen Departemente und Ämter teilen nicht gerne ihren Einfluss, schon gar nicht mit den Kantonen. Richtigerweise kritisiert der Bericht das departementale Silodenken. In der Krise wäre ein frühzeitiges gemeinsames Vorgehen wichtig gewesen. Denn auch in der ausserordentlichen Lage war der Bundesrat primär für die Festsetzung der Regeln zuständig. Der Vollzug lag auch in dieser Phase hauptsächlich bei den Kantonen. Abgesehen von Armee und Grenzschutz hat der Bund wenig eigene Vollzugsmittel.
In einer Krise braucht es klare Führungsstrukturen mit abgestimmter Kommunikation. Die Kakaphonie von Bund und Kantonen der letzten Wochen - angereichert durch die frei agierende Task Force - ist demgegenüber schlecht und schadet dem Vertrauen und somit auch der Akzeptanz der Anordnungen der Behörden. Mit einem gemeinsamen Führungsorgan hätte wohl einiges an Missverständnissen und unnötiger Kommunikation vermieden werden können. In Staat und Unternehmen werden wir alle die richtigen Lehren aus der Krise ziehen müssen. Insofern ist dieser Bericht des Bundesrates eine erste brauchbare Grundlage. Und hoffentlich ergeben sich einige Sofortmassnahmen, denn die Krise ist noch längst nicht ausgestanden.
Benedikt Würth (*1968) amtete von 2011 bis 2020 als St.Galler Regierungsrat. Im Mai 2019 wurde er als Nachfolger von Karin Keller-Sutter in den Ständerat gewählt. Der CVP-Politiker wohnt in Rapperswil-Jona, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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