Die Unterhaltungen auf Online-Dating-Plattformen sind in letzter Zeit gestiegen. Peak Ace setzte deswegen eine Kampagne zum Thema «Digital Love» um. Sie wollten wissen welche Einwirkungen das Internet auf die Liebe hat, wo die Geister spuken, die Zombies leben und wer am meisten matcht.
In der Zeit von Corona sind viele Menschen einsam. Sie vermissen ihre Beziehungspartner, Freunde und Familie. Auch für solche, die auf der Suche nach einem Partner sind, ist die Situation schwieriger geworden. Für viele ist Online-Dating im Moment die einzige Aussicht auf etwas Zuneigung. Die Dating App Tinder z.B hat seit den Corona-Regelungen einen Zuwachs von 33% Unterhaltungen zu verzeichnen, bei anderen Apps ist es ähnlich.
Von Peak Ace wurde für Come-Closer.ch eine Kampagne zum Thema «Digital Love» umgesetzt. Diese basiert auf aktuellen Daten einer Studie von der Agentur Marketagent.com über den «Einfluss des Internets auf die Liebe» von der Online-Partnerschaftsvermittlung parship.ch.
Grosse Liebe oder zu viel Auswahl?
«Romantische Liebe macht es möglich, den Partner als einzigartige Person zu wählen. Das Internet bewirkt das Gegenteil – jeder wird austauschbar», so Eva Illouz. Die Soziologin liess mit diesem Satz in ihrem Interview bei der SRF-Sternstunde aufhorchen. Mittlerweile ist Online-Dating schon in der Gesellschaft angekommen. Die Meinung, dass die moderne Art zu daten nicht die Chance auf die grosse Liebe mit sich bringt, haben dennoch einige. Stimmt diese Annahme oder kann man sich dank den vielen «Liebesplattformen» schneller verlieben und muss nicht ewig nach einem Partner suchen?
Matching, Ghosting, Zombieing – einige werden bei diesen Anglizismen verwirrt den Kopf schütteln. Andere jedoch wissen direkt, was gemeint ist. Diese drei Wörter stehen für Handlungen im Bereich der Liebe, die es schon gegeben hat, bevor Tinder, Lovoo, Parship etc. aufgetaucht sind. Früher hat man diese nur noch nicht griffig bezeichnet. Auch vor den ganzen Dating-Apps gab es das Phänomen, dass man sich plötzlich nicht mehr bei seinem mehr-oder-weniger-Partner meldete oder nur dann, wenn gerade niemand anderes zur Verfügung stand. Oder aber, man wurde selbst geghostet oder gezombiet. In dem Online-Zeitalter kommt das jedoch immer häufiger vor.
Peak Ace wollte dieser Sache auf den Grund gehen und die Frage, ob und wie Online-Dating sich vom Reallife-Dating unterscheidet, klären. Dafür haben sie eine Studie der Online-Dating-Plattform Parship ausgewertet und einige interessante Entdeckungen gemacht.
Wer nutzt Dating-Apps?
«Tinder hat eine Funktion eingeführt, die die ‚Likes‘ der User auf 100 pro Tag beschränkt», gibt Eva Illouz in der SRF Sternstunde an – mit kostenpflichtigen Premiumpaketen kann diese Zahl sogar unbegrenzt sein. Das Angebot zum Swipen (nach rechts oder links wischen- gefällt mir oder gefällt mir nicht) ist also gross. Aber ist die Nachfrage das auch? «Lassen Sie uns doch einmal anschauen, wer Tinder denn überhaupt nutzt», entgegnet die Moderatorin.
Besonders im Mittelland ist die Zahl der Menschen, die digital nach Liebe suchen gross. Auch in einigen anderen Teilen der Schweiz gibt es viele, die Online-Dating ausprobieren. Die Zahl der Ostschweizer, die auf Tinder, Lovoo etc. unterwegs sind, ist schweizweit am kleinsten. Der Grossteil der Thurgauer, St.Galler, Appenzeller und Graubündner will ihren möglichen Partner noch offline kennenlernen.
Vom Alter her gibt es vor allem zwei Gruppen bei Online-Dating-Nutzern, die Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren (46%) und die «Älteren» zwischen 30 und 39 Jahren (43.5%). Von den befragten Personen, die an der Studie teilgenommen haben, sind 55% in einer Beziehung, die etwa ein Jahr alt ist. 69% davon haben sich online kennengelernt. Die Mehrheit der Liebessuchenden im Internet ist männlich.
Es besteht also online mehr Auswahl. Das kann gut oder schlecht sein. Dass Beziehungen dadurch kürzer sind, ist eine Vermutung. Die Chance, Mister oder Miss Right zu finden, kann mitunter grösser sein als im «realen» Leben. Es kann aber auch sein, dass man sich der vielen Möglichkeiten wegen nicht mehr klar festlegen will und stärker unter FOMO (fear of missing out) leidet und nicht mehr beziehungsfähig ist. Deswegen wollten die Studienuntersucher wissen, wo man in der Schweiz am häufigsten abserviert und/oder geghostet wird – und ob das mit dem Online-Dating zusammenhängt.
Wer ghostet am meisten?
Mit Ghosting ist die Handlung gemeint, wenn der (Dating)-Partner ohne Ankündigung oder Erklärung den Kontakt abbricht und von der Bildfläche verschwindet – wie ein Geist. Kommunikationsversuche seitens der anderen Person werden für gewöhnlich ignoriert. Es kann auch vorkommen, dass diese auf allen sozialen Medien blockiert wird.
Der Grossteil der Teilnehmer der Studie, der schon einmal geghostet hat, ist aktuell in einer schon bis zu fünfjähriger Beziehung und zwischen 30 und 49 Jahren alt alt. Nur 17.1% der vergebenen Teilnehmer haben sich online kennengelernt. Daraus kann man schliessen, dass «Ghoster» nicht zwangsläufig «Online-Dater» sind.
Von den Zahlen ableiten kann man, dass Ghosting kein Trend der Jugend ist, (Kennenlern-) Zeit aber eine wichtige Rolle dabei spielt. Online ist die Zeit meistens begrenzt, Langeweile stellt sich schnell ein, das nächstbessere Match ist nur ein Swipe entfernt. Doch auch in einer im echten Leben ist die Zeit bei einem Date nicht unbegrenzt hoch. Unabhängig davon, ob man sich online oder offline getroffen hat, besteht das Potenzial geghostet zu werden. Männer geben an, mehr zu ghosten als Frauen.
Die Chance gehostet zu werden ist in der Nordwestschweiz am grössten. In der Ostschweiz ghosten 17.3% der Menschen, die Online-Dating betreiben. Am wenigsten gehostet wird man im Raum Bern. Somit lässt sich feststellen, dass ein Überangebot nicht zwingend zum Überdruss führt.
Wo leben die Zombies?
Es kann schon mal vorkommen, dass man das Ghosting bereut und sich nach Wochen, Monaten oder sogar Jahren wieder bei dem Geghosteten meldet – Zombieing. Der Begriff kommt davon, dass etwas wieder zum Leben erwacht – eine alte Liebe oder ein vergangenes Abenteuer. Auch dieses Verhalten entstand nicht erst mit der Erfindung des Online-Datings. Auf die Frage, ob die Studienteilnehmer sich nach einem plötzlichen Kontaktabbruch wieder bei ihrem Partner gemeldet und so getan haben, als wäre nichts gewesen, antworteten die 18 bis 29-jährigen zu 16.7% mit Ja. Bei denen zwischen 30 und 30 Jahren lag diese Zahl bei 17.5%. Mehr Studienteilnehmer gaben an, sich online kennengelernt zu haben als offline. Schliessen lässt sich daraus, dass das Internet die Kontaktaufnahme einfacher macht. Früher war das noch schwieriger.
In der Schweiz gibt es nicht allzu viele Zombies. Männer mutieren allgemein eher als Frauen dazu, plötzlich wiederaufzutauchen. Die Nordwestschweizer zombien am meisten. Auch in anderen Teilen der Schweiz können Zombies vorkommen. 10% der Ostschweizer haben auch schon mal geghostet und später gemerkt, dass das ein Fehler war und sich dann wieder bei der betroffenen Person gemeldet.
Liebe macht, was sie will
Wenn man die Daten miteinander vergleicht, kann man zumindest geografisch keine Rückschlüsse darüber ziehen, ob Phänomene wie Ghosting oder Zombieing durch die Online-Welt beeinflusst werden und ob das Internet im Thema Liebe allgemein negative Einwirkungen hat. Wie man es sich denken kann, haben Ghosting und Zombieing einen Zusammenhang. Das sind aber keine altersbedingten Phänomene, sie können in jeder Altersgruppe vorkommen. Speziell in der Anfangsphase einer Beziehung können Kontaktabbrüche ab und zu vorkommen.
Der Grossteil der befragten Schweizer, die in deiner Beziehung sind, die schon länger als fünf Jahre hält, hat sich online kennengelernt. Bei diesen Paaren ist der Kinderwunsch auch ausgeprägter als bei Offline-Paaren.
Ganz ergründen lässt sich das Dating-Verhalten wohl nicht ganz empirisch, dafür ist dieses Thema zu komplex, denn die Liebe hat schon immer gemacht, was sie will und wird es auch immer so machen.
Shania Koller (*2002) ist Schülerin an der Fachmittelschule an der Kantonsschule Trogen und absolviert ein Praktikum bei «Die Ostschweiz». Sie wohnt in Gonten.
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