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BAG-Kampagne

«Mach's einfach»: Die lästige Fragerei soll endlich ein Ende haben

Eine Weile wollte man uns erklären, warum Schutzmassnahmen nötig sein sollen. Jetzt nicht mehr. Jetzt herrscht Befehlston. Was deutlich besagt: Fragende Bürger sind nicht mehr erwünscht. Wobei «nicht mehr» vielleicht falsch ausgedrückt ist.

Stefan Millius am 25. September 2020

«Mach's einfach!» Das ist die neue Botschaft des Bundesamts für Gesundheit. Es geht nun nicht mehr darum, die Sinnhaftigkeit irgendwelcher Massnahmen zu erläutern, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu argumentieren. Das alles ist Vergangenheit. Es weicht einem Befehlston: Mach einfach. Frag nicht. Tu, was ich dir sage.

«Mach's einfach!» ist ein Satz, den wir kennen. Wir sagen es unseren Kindern, wenn wir wollen, dass sie ihr Zimmer aufräumen, dass sie die Hausaufgaben jetzt statt erst in einer Stunde erledigen. Nicht immer wissen wir selbst genau, warum wir wollen, dass sie es tun, und um Diskussionen aus dem Weg zu gehen und weil wir ein bisschen müde sind und endlich unsere Ruhe wollen, sagen wir eben genau das:

«Mach's einfach!»

Das gilt auch, wenn man in der Rekrutenschule ein Loch graben soll, nur damit es die nächsten wieder zuschütten. Im Zentrum steht nicht ein Ziel, sondern die Handlung an sich, ausgelöst von einem banalen Befehl. Rekruten und Kinder haben ja vieles gemeinsam. In erster Linie dieses: Sie stehen in der Hierarchie unten und müssen hinnehmen, was man ihnen aufträgt. Selbst wenn sie selber leise Zweifel haben. Die wollen wir aber nicht hören, weil es lästig ist.

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«Mach's einfach!», sagt das BAG. Offenbar ist man auch beim Bund leicht ermüdet. Nach Monaten der Desinformation, der fragwürdigen Massnahmen, die nicht zu der Entwicklung der Zahlen passen, des langsam wachsenden Widerstands gegen Dinge, die der gesunde Menschenverstand nicht schlucken will, geht es nun nicht mehr darum, zu erklären. Man fordert nur noch auf. Denn Fragen sind lästig. «Mach's einfach!» ist auch eine Formel für: Halt den Mund, denk nicht weiter drüber nach, vollzieh, was ich dir sage.

Es klingt so harmlos, aber es ist vielleicht die gruseligste Kampagne, die je ein Bundesamt gestartet hat. Sie geht vom unmündigen Gegenüber aus. Dass der Bürger letztlich in der Gesamtheit der Arbeitgeber und Lohnzahler der Leute ist, die sich diese Kampagne ausgedacht haben, scheint in Bern niemand zu verstehen. Es ist ein Von-oben-herab in Reinkultur. Eben genau so, wie man mit unmündigen Kindern umgeht. Man appelliert nicht mehr länger an die Selbstverantwortung, man hofft auf die Unterwürfigkeit.

«Mach's einfach!» Zieh nichts in Zweifel, hinterfrage nichts, schalt das Gehirn aus, folge den Direktiven. Es ist ein enttarnender Aufruf. Einer, der klar macht, als was man uns versteht. Als willfährige Masse, die richtig geführt werden muss, weil sie selbst nicht weiss, was gut für sie ist.

Das hat mit der Schweiz, die wir mal kannten, nichts mehr zu tun.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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