Maurice Mattle hat den höchsten und schnellsten Arbeitsplatz der Schweiz. Wie viel von «Top Gun» im Alltag eines Berufsmilitärpiloten steckt, wie es ihm gelingt, auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, verrät er im Interview.
Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem 1. Print-Magazin von «Die Ostschweiz». Es kann via abo@dieostschweiz.ch bestellt werden.
Maurice Mattle, Sie sagten einmal, dass mit Ihrem jetzigen Beruf ein «Bubentraum» in Erfüllung gegangen ist. Kam eine andere Ausbildung gar nie in Frage?
Der Berufsmilitärpilot war tatsächlich von Anfang an mein Traumjob. Seit ich weiss, was Flugzeuge sind, wollte ich Pilot, in erster Linie Militärpilot, werden. Als es dann um die konkrete Anmeldung und den Einstieg in die Selektion ging, habe ich mir aber natürlich auch Alternativen überlegt. Schliesslich ist der Selektions- und Ausbildungsweg zum Militärpiloten lange, weshalb ich mir einen Plan B zurechtgelegt hatte. Ein Studium der Archäologie oder Physik fände ich bis heute noch interessant.
Plan A klappte jedoch anscheinend sehr gut. Was gab letztlich den Anstoss, die Ausbildung in Angriff zu nehmen?
Letztlich das, was ich jedem jungen Menschen ans Herz lege: es einfach zu probieren. Der Einstieg in die Fliegerei ist dank sphair.ch sehr einfach und vor allem gratis. Nach den ersten erfolgreichen Tests darf man bereits zwei Wochen einen fliegerischen Kurs besuchen und erhält dann die weitere Empfehlung. In meinem Fall war dies Militärpilot, woraufhin ich es einfach weiterprobieren wollte.
Als Berufsmilitärpilot sind Sie bei der Schweizer Luftwaffe angestellt. Ihre Hauptaufgabe besteht natürlich im Fliegen. Was gehört sonst noch dazu?
Als Kampfjetpilot bin ich verantwortlich für die Wahrung der Lufthoheit. Da ein solches Flugzeug unterdessen sehr komplexe Systeme mitführt, bedarf die Bedienung desselben ein regelmässiges Training. Ein «normaler» Flugtag beginnt meist früh am Morgen. Den Flug habe ich auf Papier bereits am Vortag vorbereitet, weshalb ich dann am Morgen direkt mit allen Teilnehmern des Fluges das Briefing durchführen kann. Dabei besprechen wir nach einem Standard-Schema den Flugablauf, damit alle vom Gleichen reden. Danach holen wir unsere Ausrüstung und begeben uns zu den Flugzeugen. All das dauert alleine schon etwa eineinhalb Stunden. Der Flug dann im Schnitt eine weitere Stunde.
Wie hat Ihr Umfeld auf Ihren Berufswunsch reagiert? Bei einigen Eltern dürfte ein solcher zu Sorgenfalten führen…
Viele aus meinem Umfeld haben mir Mut und Durchhaltewillen zugesprochen und mir die Daumen gedrückt. Auch und vor allem meine Eltern haben mich jederzeit unterstützt. Ohne einen solchen Rückhalt stelle ich mir die ganze Ausbildung gefühlt noch länger und intensiver vor. Als Jungvater weiss ich nun aber, dass man sich als Eltern immer Sorgen um sein Kind machen wird – egal, was es tut.
Wie gelingt es Ihnen denn, in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren?
Wir versuchen, alle möglichen Pannen und Stresssituationen möglichst früh während einer Pilotenkarriere im Simulator zu üben. Auch haben wir jährliche Pannentrainings im Simulator. Dadurch kann ich im realen Fall auf die bereits gemachte Erfahrung zurückgreifen und so möglichst speditiv und konstruktiv zu einer Lösung gelangen. Solche Situationen kommen zum Glück aber nur selten vor.
Sie sprechen es an: Ihr Beruf verlangt, dass Sie stets 100 Prozent geben. Wie gehen Sie damit um?
Gerade die Abwechslung und ausbleibende Routine machen diesen Beruf für mich so interessant und fordernd. Vermutlich kann man es meine Lebenseinstellung nennen, immer 100 Prozent zu geben. Mein berufliches Umfeld besteht ja auch aus solch Gleichgesinnten, die alle auch immer mehr als nur das Minimum leisten. Es ist ein wirkliches Privileg, mit einem solchen Team arbeiten zu dürfen.
Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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